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Rangliste der Pressfreiheit 2022 von Reporter ohne Grenzen

In der 20. Ausgabe der Rangliste der Pressfreiheit, die am 3.5.23 zum Tag der Pressefreiheit erscheint, stellt die Organisation Reporter ohne Grenzen fest, dass es weltweit schlecht um die Pressefreiheit steht.

Auch in Deutschland hat sich die Lage leicht verschlechtert. Reporter ohne Grenzen sieht hierfür hauptsächlich drei Gründe: eine Gesetzgebung, die Journalistinnen und Journalisten sowie ihre Quellen gefährdet, abnehmende Medienvielfalt sowie allen voran Gewalt bei Demonstrationen.

Rangliste der Pressefreiheit 2022 | Reporter ohne Grenzen für Informationsfreiheit (reporter-ohne-grenzen.de)

Index | RSF

Eindrücke von der Abbruchkante

Kleinkundgebung in Keyenberg.

Auf dem Weg nach Lützerath kommt man durch Keyenberg, einen Ort der ebenfalls dem Braunkohletagebau geopfert werden sollte. Diese Entscheidung wurde revidiert. Laut Wikipedia haben jedoch bereits 85% der Bewohner*innen das Dorf verlassen. Der Ortsteil von Erkelenz gleicht heute einem Geisterdorf. Auf der Website des WDR findet sich ein Bericht über die Folgen in Keyenberg und den anderen „geretteten“ Dörfern.

 

Karte: Open Street Maps

Keyenberg und Lützerath befinden auf der westlichen Seite des Tagbaus Garzweiler II. Die Tagebaue Garzweiler I und Garzweiler II erstrecken sich über eine Fläche von über 100 Quadratkilometern, das entspricht etwas der Hälfte der Fläche der Stadt Stuttgart. Bisher sind dort über 20 Ortschaften der Braunkohleförderung zum Opfer gefallen.

 

Die ersten Polizeifahrzeuge zwischen Keyenberg und Lützerath.

„Der Einsatz körperlicher Gewalt war notwendig [… ] Die Kollegen waren gezwungen, alle zur Verfügung stehenden Einsatzmittel einzusetzen“, so der Polizeipräsident Dirk Weinspach nach der Demonstration am vergangenen Sonntag gegenüber WDR Aktuell.

 

Auf dem Weg von der Kundgebung in Richtung Tagebau.

Im Hintergrund sind ein Bagger und Demonstrant*innen auf der Einfriedung zu sehen. Einige der für den Tagebau benötigten Flächen wurden RWE bisher noch nicht überlassen. Neue Enteignungen könnten nötig werden, berichtet der WDR.

 

Blick von der Einfriedung des Tagebaus Garzweiler nach Norden.

Die Demonstrant*innen strömten von Norden kommend in Richtung des Zauns kurz vor Lützerath. Dort kam es zu den Auseinandersetzungen mit der Polizei. „Eine Sprecherin des Sanitätsdienstes der Demonstranten hatte gesagt, bei der Demo am Samstag sei eine „hohe zweistellige bis dreistellige Zahl“ von Teilnehmerinnen und Teilnehmern verletzt worden. […] Dabei habe es besonders viele Kopfverletzungen gegeben. […] Die Polizei wiederum berichtet von mehr als 70 verletzten Polizisten seit Beginn der Räumung von Lützerath am Mittwoch. Die meisten davon seien bei der Demo am Samstag verletzt worden, sagte ein Polizeisprecher. Die Verletzungen gingen aber nur zum Teil auf Gewalt durch Demonstrierende zurück. Teilweise seien die Beamten zum Beispiel auch im schlammigen Boden umgeknickt.“ (RND)

 

Blick nach Osten auf den Tagebau Garzweiler.

Zur gleichen Zeit fand ca. 500 Meter weiter westlich eine Kundgebung mit Greta Thunberg und anderen Redner*innen statt.

 

Blick nach Süden in Richtung Lützerath.

„Wäre Lützerath weg, könnten sich die Bagger des Kohlekonzerns kilometerweit in die Landschaft graben – für 280 Millionen Tonnen zusätzliche Braunkohle aus dem Tagebau Garzweiler. Für die voranschreitende Erderhitzung ist dieses Vorhaben ein Debakel: Wird die Kohle unter den Garzweiler-Dörfern verbrannt, sind die Pariser Klimaziele für Deutschland nicht einzuhalten.“ (Greenpeace)

Fotos und Text: Benjamin Schad

Rückblick auf die FriedensGala 2022

v. l. Sidar Carman, Matthias Schriefl, Schüler*innen des FEG, Frank Werneke, Peter Grohmann, Michael Rediske, Manfred Scheifele, Heide Roth, Foto: Astrid Meyer

Ein gut gefüllter Saal, Sidar Carman als Moderator*in, mit dem ver.di Vorsitzenden Frank Werneke und der Stuttgarter Sozialbürgermeisterin Alexandra Sußmann zwei hochkompetente Laudator*innen, grandiose Musik von Matthias Schriefl und in Reporter ohne Grenzen und der Projektgruppe „Schule ohne Rassismus“ des Friedrich Eugens Gymnasium in Stuttgart mehr als würdige Preisträger: Das konnte sich sehen lassen, als am vergangenen Sonntagvormittag im Theaterhaus in Stuttgart zum zwanzigsten Mal der Stuttgarter FriedensPreis verliehen wurde.

Nach der Begrüßung durch AnStifter-Vorstand Hermann Zoller unterstrich Frank Werneke in seiner Laudatio die Bedeutung der Arbeit von Reporter ohne Grenzen für eine freie Presse und die Demokratie, die durch autokratische Staaten wie Russland und China, aber auch durch illiberale Staaten wie Ungarn oder Polen gefährdet seien. In diesem Zusammenhang verwies er auf den von Reporter ohne Grenzen mitgegründeten „JX Fund – European Fund for Journalism in Exile“, der Journalisten im Exil unterstützt und auch von ver.di unterstützt wird.

Frank Werneke, Foto: Astrid Meyer
Michael Rediske (Reporter ohne Grenzen), Foto: Astrid Meyer

Zur großen Erleichterung der Verantwortlichen traf die Stuttgarter Sozialbürgermeisterin Alexandra Sußmann gerade noch rechtzeitig zu Ihrer Laudatio für die Projektgruppe „Schule ohne Rassismus“ am FEG ein. Sie würdigte das Engagement der Schüler*innen gegen Rassismus, Homophobie und Ausgrenzung. Die Jugendlichen hatten unter anderem einen Fotowettbewerb über jüdisches Leben in Stuttgart und ein gemeinsames Fastenbrechen von muslimischen und nicht-muslimischen Schüler*innen initiiert.

Alexandra Sußmann, Foto: Astrid Meyer

Musikalisch begleitet wurde die Veranstaltung durch den Jazzmusiker Matthias Schriefl an insgesamt ca. zehn verschiedenen Instrumenten, von Piccoloflöte bis Alphorn.

Matthias Schriefl, Foto: Astrid Meyer

Unser Dank gilt natürlich allen an der Veranstaltung beteiligten Personen, aber auch Ihnen, den AnStifter*innen, die die Preisträger*innen vorgeschlagen und gewählt haben.

Weitere Berichte:

Stuttgart: Initiative „Die Anstifter“ verleiht Friedenspreise – SWR Aktuell

Friedensgala im Theaterhaus: „Reporter ohne Grenzen“ ausgezeichnet – Stuttgart – Stuttgarter Zeitung (stuttgarter-zeitung.de)

Jetzt zum Anhören
Die Aufzeichnung der Podiumsdiskussion „Boycott Qatar 2022“ am 2.11.2022 im Theaterhaus Stuttgart

Foto: Brigitte Lösch

Mit Bernd Sautter (Moderation)

Dietrich Schulze-Marmeling (Autor/Mitinitiator der Kampagne Boycott Qatar 2022)

Sophia Gerschel (Bundesarbeitsgemeinschaft der Fanprojekte e. V.)

Andreas Zweigle (vertikalpass.de)

Stephanie Doetzer (Arbeitete vier Jahre für Al Jazeera in Doha)

Aufzeichnung der Podiumsdiskussion "Boycott Qatar 2022" am 2.11.2022 im Theaterhaus Stuttgart

Herzlichen Dank an die Teilnehmer*innen, das Publikum und die Mitveranstalter vom Institut für Auslandsbeziehungen, dem Kickers Fanprojekt und dem VfB Fanclub Rote Karte.

Video
Kipp-Punkte in Sicht – Wie und mit wem können wir das Ruder noch rumreißen?

Kipp-Punkte in Sicht - Wie und mit wem können wir das Ruder noch rumreißen?

Podiumsdiskussion am 19.9.22 im Kesselbambule Klimacamp mit:

Prof. Dr. Dr. Helge Peukert, Universität Siegen, Professor für Finanzwissenschaft und Finanzsoziologie

Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH)

Dr. Winfried Wolf, Verkehrsexperte, Journalist und Herausgeber von ‚LunaPark21′

Moderation: Judith Scheytt, Fridays for Future

Video: Eberhard Linckh

Stellungsnahme der AnStifter zur Demonstration „Keinen Euro für Krieg und Zerstörung! Stattdessen Milliarden für eine soziale, gerechte und ökologische Friedenspolitik!“

Liebe Kolleg*innen vom Friedensratschlag

Die Anstifter sehen sich in Tradition der Friedensbewegung der 80iger Jahre und unterstützen viele der allgemeinen Forderungen eures Aufrufes zum Aktionstag am 1.10.2022. Sie haben in den letzten Jahrzehnten nicht an Aktualität verloren.

Wir sehen ein Problem dieses Aufrufs allerdings darin, dass er ein wenig aus der Zeit gefallen zu sein scheint. So wichtig und richtig viele Forderungen sind bieten sie doch leider keine Antwort gegenüber dem aktuellen Krieg in der Ukraine.

Zum einen vermissen wir in eurem Aufruf eine klare Absage an den völkerrechtswidrigen Angriff Russlands auf die Ukraine. Zugleich können zwei eurer Forderungen den Eindruck nicht zerstreuen, dass ihr doch ein wenig einseitig auf diesen Krieg schaut.

mehr…

Der Aufruf „Free Julian!“ und die Teilnahme am 24-Stunden-Marathon finden weltweiten Anklang

„Die Teilnehmerzahl des Marathons „24 Stunden für Julian Assange“, der am 15. Oktober stattfinden wird, wächst schnell und breitet sich über den ganzen Globus aus.

Der von der internationalen Nachrichtenagentur Pressenza Ende Juli gestartete Aufruf wurde bereits von Hunderten von Menschen auf der ganzen Welt unterstützt, von Julians Heimat Australien bis Lateinamerika, von den großen europäischen Hauptstädten bis in den Fernen Osten…“

Der Aufruf „Free Julian!“ und die Teilnahme am 24-Stunden-Marathon finden weltweiten Anklang (pressenza.com)

Petition – Ein Platz für Betty Rosenfeld!



BOYCOTT QATAR 2022

„Der DFB tritt der Verletzung von Menschenrechten, verfassungs- und fremdenfeindlichen Bestrebungen sowie jeder Form von gewalttätigen, diskriminierenden oder menschenverachtenden Einstellungen und Verhaltensweisen entschieden entgegen.“ (aus der Menschenrechtspolicy des DFB: MenRePolicy_V3.indd (dfb.de))

Die zahlreichen Menschenrechtsverletzungen in Katar sind bekannt: Arbeitsmigrant*innen müssen unter unwürdigen Bedingungen schuften, Frauen werden systematisch benachteiligt, Homosexualität ist verboten, das Recht auf freie Meinungsäußerung ist eingeschränkt.

Wenn die oben zitierten Worte des DFB glaubwürdig sein sollen, dann müssen diesen auch Taten folgen. Deshalb schließen sich die AnStifter der Initiative Boycott Quatar 2022 an:.

Zum Aufruf: boycott-qatar

Andreas Platthaus im Blog der FAZ über Irene Lupis Graphic Novel „Enrico Pieri – Mai più – nie wieder – Sant‘Annas!“

„Ja, klar, mit einem Comic wird auf junges Publikum spekuliert. Manchmal aber auch zu Recht. Deshalb sind viele Institutionen seit einigen Jahren – nachdem sich über die Etablierung des Begriffs „Graphic Novel“ der von manchen empfundene Hautgout des Comics verflüchtigt hat – ganz wild darauf, ihre Ziele mittels dieser Erzählform zu propagieren. Manchmal zu Recht. So auch der in Stuttgart existierende Verein „Die AnStifter“, der sich seit mehr als zwei Jahrzehnten unter dem Motto „Eigensinn und Zivilcourage“ für Demokratie und Toleranz engagiert. Er hat nun die deutsche Fassung eines Comics ermöglicht, in dem die 1983 geborene italienische Zeichnerin Irene Lupi von ihrem im vergangenen Dezember gestorbenen Landsmann Enrico Pieri erzählt. Oder richtig gesagt: Enrico Pieri erzählen lässt, denn Lupis ihm gewidmeter Comic ist sein Vermächtnis.“

Wenn die Zeitzeugen sterben, muss die Erinnerung an sie aufleben – Comic (faz.net)

Mehr Informationen zum Buch und der genannten Veranstaltung: Graphic Novel „Enrico Pieri“ erschienen und öffentlich präsentiert | Die AnStifter (die-anstifter.de)

Und in der B&W (Bildung und Wissenschaft), Mitgliederzeitung der GEW BW, hat Eberhard Frasch ebenfalls eine wohlwollende Besprechung verfasst.

Gewaltbereit! – Grohmanns „Wettern der Woche“

Gewaltbereit! – Grohmanns "Wettern der Woche"

Ich kenn‘ Sie doch – Sie wundern sich über garnüscht mehr! Womöglich könnten Sie nicht mal taktische Atomwaffen aus der Ruhe bringen. Verständlich also, wenn sich keine Sau darüber aufregt, dass Ihre eigene Regierung in diesen Zeiten der Lobby der Haus- und Grundbesetzer doppelt so oft Gehör schenkt wie der Armee der Mieter. Das sind zu viele. Vonovia kann jetzt wieder mal frohgemut ihren Kunden ans Eingemachte gehen, solange noch was da ist. Schon meine Omi Glimbzsch aus Zittau wusste: Wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt oder landet auf der Straße. 50.000? Genaues weiß keiner nicht genau. Denn in den Nächten ist nicht viel zu sehen, auch wenn der Letzte immer noch nicht das Licht ausgemacht hat.

In den Gossen von heute suhlen sich inzwischen wohlig die grünen Bahnfahrenden mit ihrem sozialdemokratischen 9-Euro-Tick. Auf liberaler Seite setzt man eher auf Daimler: Mit einer konsequenten Luxusausrichtung sowie dem Fokus auf E-Antrieb und exzellenter Software will man Christian Lindner ans Leder fesseln. Daimler hat dabei auch die knorrigen Eisenbahner an seiner Seite. Die setzen alles dran, um die Menschen zum Autofahren zu erziehen: Sie pumpen jedes Jahr mehr als neun Milliarden Euro in die Deutsche Bahn. Genau das Geld, das für Ihre Verteidigung jetzt fehlt, aber hier wie dort nicht hilft, es sei denn, unsere Leute besiegen Putin für immer und die Ukraine wird deutsch. Übrigens, im Gegenzug zu den neun Bahn-Milliarden kommen die Züge immer unpünktlicher an. Ausgefallen. Auf diese Weise kommen Sie zwar auch nie zu spät, aber eben auch nie an.

Damit wir uns richtig verstehen: Ich bin ein ausgewiesener, gewaltbereiter Bahnfreund. Meine Freundschaft umfasst den gesamten europäischen öffentlichen Nahverkehr ohne private Pkws nebst Fahrradmitnahme und die Nachtzüge nach Dresden und Berlin wie damals. Private Pkws erlaube ich Ihnen ausnahmsweise nur dort, wo keine Busse und Bahnen mehr fahren. Die Bahn hat – das müssen Sie doch noch wissen, Sie haben die doch gewählt! – jahrelang dafür gesorgt, dass es immer mehr Ausnahmen gibt. Streckenmord, und das ist fast so grausam wie Privatisierung oder Stuttgart 21 samt Gäubahn-Desaster. Hier schießt sich der Kreis: Die nun wirklich und nicht nur im Bahnvideo einmalig schöne Panoramastrecke mit einem idealen Zulauf in den Stuttgarter Kopfbahnhof muss wohl oder übel zugunsten von Immobilien-Interessen schließen. Eher übel. Zum Mitsingen: Schuld ist nur der Bossa Nova, der ist schuld daran …

Für die Daimler-Fans unter ihnen, die umsteigen wollen, weil ihnen selbst das billigste Modell (100.000 EU, aber noch ohne Räder) zu teuer ist: Vorsicht an der Bahnsteigkante, Zurücktreten bitte! Bis in die Neunzigerjahre (die waren erst neulich) gab’s die Tages- und Nachtverbindung Stuttgart–Prag, gab’s durchgehende D-Züge wie Hof–Strasbourg, Bayreuth–Zürich–Milano, gab’s durchgehende Verbindungen Stuttgart – Nürnberg – Berlin, Stuttgart–Hof–Leipzig, gab’s Karlsruhe–Görlitz, gab’s Gera–Zwickau–Hof–Stuttgart–Karlsruhe, gab es den Schnellzug Stuttgart–Aalen–Donauwörth–München. Jetzt gibt’s 9-Euro-Tickets. Hopfen und Malz – aber Gott erhalt’s.

Peter Grohmann ist Kabarettist und Koordinator von Bürgerprojekten.

Bilder der Matinee für Julian Assange und Maryia Kalesnikava am 26.5.22 im Theaterhaus

Peter Grohmann vor Beginn der Veranstaltung
Manfred Scheifele (Vorstand der AnStifter), Bascha Mika, Peter Grohmann und Heidemarie Roth (Vorstand der Stiftung Stuttgarter Friedenspreis)
Mit einem Infotisch vertreten: Die Stuttgarter Mahnwache für Julian Assange
Kasia Kadlubowska, Mohammed Sellami, Mazen Mohsen, Marie Luise und Zura Dzagnidze begeisterten das Publikum.
Bascha Mikas Laudatio für Julian Assange und Maryia Kalesnikava war ein wichtiges Plädoyer für die Meinungs- und Pressefreiheit.

Fotos: Raimond Stetter und Benjamin Schad

Sommerfest der AnStifter am 29.5.22 im WKV

Am vergangenen Sonntag fand im WKV endlich wieder ein Sommerfest der AnStifter statt. Dr. Ulrich Bausch von der Volkshochschule Reutlingen hielt dabei den Hauptvortrag zum Thema „Putins Krieg – hat die Diplomatie noch eine Chance?“, den Sie hier nachlesen können. Es lohnt sich!

Außerdem mit dabei waren Elka Edelkott, die ihre Organisation just human, die Geflüchtete Frauen und Kinder in Griechenland unterstützt, vorstellte und Martin Stankowski mit Erläuterungen zur Ausstellung „Anschläge – 5 Jahrzehnte politische Plakate von Jochen Stankowski und die AnStifter“.

Musikalisch begleitet und abgerundet wurde die  Veranstaltung von Simon Eder an der Gitarre und Frank Eisele am Akkordeon.

 

Fotos: Raimond Stetter u. Benjamin Schad

 

Website freigeschaltet:
Vom Wert der Menschenrechte

Die für den Herbst geplante Veranstaltungsreihe „Vom Wert der Menschenrechte“ präsentiert sich am 14. April 2022 mit einer eigenen Website: https://30tageimnovember.de
An den „30 Tagen im November“ wollen sich bisher bereits u.a. 150 Theater, Initiativen, öffentliche, soziale und kirchliche Einrichtungen, Jugendverbände, Schulen, Kinos und Orte der Erinnerung beteiligen.
Geplant sind Ausstellungen, Vorträge, Konzerte, Stadtführungen, Lesungen und ein Internationaler Plakatwettbewerb zu den Menschenrechten. Die Website vermittelt einen ersten Eindruck von der Tiefe und Viefalt des Programms. Im Mittelpunkt stehen dabei die Novemberpogrome und der Kampf um Demokratie und Freiheit mit Themen wie Rassismus, Gewalt, Antisemitismus und die Verteidigung von Frieden und Demokratie. Eine Vorschau auf der Website gibt einen ersten Eindruck von den geplanten Veranstaltungen und Aktionen.
Die vom Bürgerprojekt Die AnStifter initiierte Reihe wird von der Landeshauptstadt Stuttgart und nahezu allen Initiativen aus den Erinnerungs- und „Interkultur“ unterstützt. Die Mitarbeit weiterer interessierte Akteure ist willkommen.

Beitrag von Katharina Ernst bei der Kundgebung anlässlich der Erinnerung an die Verfolgung, Deportation und Ermordung der Sinti*zze und Roma*nja am 8. April 2022

Bild: Stadtarchiv Stuttgart


Woran wir uns heute erinnern, ist die Deportation von Sinti und Roma aus Württemberg und Hohenzollern nach AuschwitzBirkenau, die am 15. März 1943 von Stuttgart aus erfolgte. Wir erinnern uns daran aus sehr verschiedener Perspektive. Die einen, weil ihre Angehörigen verfolgt, misshandelt und ermordet wurden. Die anderen, weil ihre Angehörigen der Verfolgung, Misshandlung und Ermordung nichts entgegensetzten, vielleicht sogar an einer der vielen beteiligten Stellen in der Verwaltung, bei der Polizei, bei der Justiz indirekt oder auch direkt daran mitwirkten. Im Stadtarchiv Stuttgart und in anderen Archiven lässt sich die tiefe Verstrickung dieser Stellen in die Verfolgung an den Quellen untersuchen.
Die Diskriminierung und Ausgrenzung von Sinti und Roma in Europa, in Deutschland, ist alt und hat vor 1933 ebenso existiert wie nach 1945. Viele stereotype Vorurteile lassen sich schon im 15. Jahrhundert nachweisen. Im 19. Jahrhundert erhielt die Diskriminierung und Ausgrenzung eine damals als wissenschaftlich geltende Legitimation durch die entstehende Rassentheorie, die Menschen in unterschiedliche und unterschiedlich wertvolle sogenannte „Rassen“ einteilte. Ein Konzept, das wissenschaftlich nicht haltbar ist, das furchtbare Konsequenzen hatte, und das bis heute nachwirkt.

Unter der Herrschaft der Nationalsozialisten intensivierte und radikalisierte sich die Ausgrenzung und Verfolgung immer mehr. Sinti und Roma wurden entrechtet, interniert, zwangssterilisiert, zur Zwangsarbeit gezwungen, und schließlich ins KZ deportiert und ermordet.

Heinrich Himmler, der Reichsführer SS und Chef der Deutschen Polizei, hat im Dezember 1942 die Einweisung aller sogenannten „Zigeunermischlinge“, sogenannter „RomZigeuner“ und Angehöriger sogenannter zigeunerischer Sippen balkanischer Herkunft“ in ein Konzentrationslager angeordnet. In AuschwitzBirkenau wurde im Lagerabschnitt B II ein aus 32 Baracken bestehender Bereich B IIe abgetrennt, dort wurde das sogenannte „Zigeunerlager“ eingerichtet. Am 15. März 1943 erfolgte die Deportation der Sinti und Roma aus Stuttgart. Transporte aus Mannheim, Mosbach, Heilbronn und Karlsruhe folgten in den darauffolgenden zwei Wochen.

Ca. 24.000 Sinti und Roma wurden nach AuschwitzBirkenau deportiert. Als der Bereich B IIe Anfang August 1944 aufgelöst werden sollte, lebten davon kaum noch 3.000. Etwa 1.000 von ihnen wurden in andere Lager deportiert, die übrigen ermordet.                           

Insgesamt fielen dem Porajmos, dem Holocaust an den Sinti und Roma, noch sehr viel mehr Menschen zum Opfer: bis zu 500.000 Sinti und Roma wurden ermordet. Die Diskriminierung und Verfolgung der Sinti und Roma war mit dem Ende des zweiten Weltkriegs und der nationalsozialistischen Herrschaft jedoch nicht zu Ende.  „Wiedergutmachung“ und „Entschädigung“ sind problematische Begriffe, denn wie lassen sich solche Verbrechen wieder gutmachen, wie lässt sich solches Leid entschädigen? Aber für die Sinti und Roma gab es nicht einmal den Versuch einer Wiedergutmachung und Entschädigung, es gab keine Anerkennung des ihnen widerfahrenen Unrechts, des von ihnen erlittenen Leids. Eine Entschädigung konnten Verfolgte erhalten, die aus politischen, rassischen, religiösen oder weltanschaulichen Gründen verfolgt worden waren. Dazu hätten die Sinti und Roma zählen müssen. Der Ausdruck „Zigeunermischlinge“ belegt die eindeutig rassistische Motivation der Deportationen ins Lager AuschwitzBirkenau. Verwaltung und Justiz der Nachkriegszeit leugneten jedoch die rassistische Motivation und behaupteten, die Verfolgung der Sinti und Roma habe seinen Grund in deren ich zitiere „Kriminalität und Asozialität“ gehabt. Die Formulierungen, die sich in Erlassen und in Gerichtsurteilen aus den 1950er Jahren finden lassen, knüpften nahtlos an die NSZeit an. Antiziganistische Vorurteile wurden nicht verschämt, nicht unter der Hand oder am Stammtisch artikuliert, sondern höchstrichterlich. Die Entschädigungspraxis wurde so von den überlebenden Sinti und Roma vielfach wie eine zweite Verfolgung erlebt. Erst in den 60er Jahren änderte sich die Rechtsprechung zu spät für viele Sinti und Roma, die nicht mehr lebten, oder die sich dieser Erfahrung nicht ein zweites Mal aussetzen wollten.

Dr. Katharina Ernst
Direktorin
Kulturamt Stadtarchiv

Butscha
Ein Versuch – Grohmanns „Wettern der Woche“

Butscha: Ein Versuch – Grohmanns "Wettern der Woche"

Peter Grohmann: Das Wettern der Woche für den 5.3.2022

Napalm? Butscha – das kennen wir aus Vietnam, als die Armee der Freien und Gleichen mit Flammenwerfern die Hütten niederbrannte, in die sich die Menschen geflüchtet hatten – Alte, Frauen, Kinder, Familien. Das war gestern. Doch Klartext für heute: Wer die Zahl der Toten, der Ermordeten, der Opfer des „Westens“ benutzt, um Putins Kriegsverbrechen zu verkleinern, ist moralisch bankrott.

Amnesty International hat im Laufe des russischen Überfalls Angriffe des russischen Militärs auf die zivile Infrastruktur dokumentiert – auch auf Schulen, Krankenhäuser, Kindergärten und Wohnviertel. Über die Zahl der Opfer ist das meiste bekannt. Im Norden der Ukraine hat AI u.a. einen Angriff mit Streumunition auf eine Schule dokumentiert, bei einem gezielten Fliegerangriff auf eine Gruppe Hungernder, der um Essen anstand, wurden 47 Zivilpersonen getötet. AI kann belegen, dass die russischen Streitkräfte wahllos mit Streumunition, mit Waffen von großflächiger Wirkung wie ungelenkten Fliegerbomben (dumb bombs) und Salven von Mehrfach-raketenwerfern (MLRS) auf Städte, Gemeinden und dichtbesiedelte Gebiete die Infrastruktur des täglichen Lebens der Zivilbevölkerung zerstören.

Wahllose Angriffe, bei denen Zivilpersonen getötet oder verletzt werden, stellen Kriegsverbrechen dar und verstoßen gegen das humanitäre Völkerrecht und internationale Menschenrechtsnormen. Aber:

Der Internationale Strafgerichtshof, eingerichtet von den Vereinten Nationen 1998, dokumentiert, untersucht und sühnt zwar schwerste Verbrechen des Völkermords, gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen und das Verbrechen der Aggression. Doch Staaten wie die USA, Russland und China haben das Statut nicht ratifiziert – und damit die Kompetenz des Gerichts nicht anerkannt.

Ob anerkannt oder nicht: Die Kriegsverbrechen von gestern sind selten oder nie sanktioniert worden, von Babi Jar über My Lai, vom Ungarnaufstand 1956 über den Algerienkrieg nach Grosny, von Halabja nach Chile oder Argentinien oder Prag. Wie militärische Lösungen heute aussehen, könnte die Welt, wenn sie wollte, in Afrika besichtigen, in Afghanistan, Syrien, im Jemen, in Äthiopien, im Sudan – und morgen in der Ukraine, wenn die Bilder nicht mehr zensiert werden.

Tod und Terror, Ruinen, zerstörtes Land, Folter, Vergewaltigung, Totschlag und Massenmord sind Kriegsalltag – auf allen Seiten. Butscha ruft uns das vielleicht in Erinnerung, und vielleicht auch, dass die direkt und indirekte Beteiligten Atomwaffen haben. Sprechen wir mit unseren Schwestern und Brüdern.

Peter Grohmann (peter-grohmann@die-anstifter.de) ist Kabarettist und Koordinator des Bürgerprojekts Die AnStifter

Zeig, dass du für den Frieden bist
Ein Friedensband, ein Zipfel Frieden…

Gestern schrieb uns AnStifterin Dorothea Schulze folgende Mail:

Diese Aktion haben sie sich in Italien ausgedacht, meine Schwester hat sie mir geschickt und Peter Grohmann hat sie dankenswerterweise aufgegriffen. Er hat mir heute zugesagt, Flyer drucken zu lassen. Ich hab auch jede Menge weiße Stofffetzen…
Es ist eine Möglichkeit, ein Zeichen zu setzen gegen zu
setzen gegen Aufrüstung und Krieg.

Der Text des Aufrufes:
Zeig, dass du für den Frieden bist: Ein Friedensband, ein Zipfel Frieden…

Der Krieg dauert an, er hat getötet und tötet weiter. Er wird auch dann noch andauern, wenn das Militär und dessen Strategen beschließen, dass er beendet ist …
Der Krieg wird in der Trauer der Überlebenden und in den verstümmelten Körpern vieler Menschen weiter leben, er wird in den Explosionen der Bomben zu hören sein,
er wird aus den Trümmern der Häuser zu dir sprechen. Wir wissen, dass viele auch bei uns für diesen Krieg sind.

Wir setzen daher ein sichtbares Zeichen gegen den Krieg, unser Nein,
das weiße Friedensband als Zeichen aller, die diesen Krieg verabscheuen, aller, die wissen, dass Krieg keine Probleme löst. Nirgends. Krieg ist ein Verbrechen.

Um das zu zeigen, heften wir ein Stück weißes Stoff an unsere Taschen, an unsere Jacken und Mäntel, an unsere Briefkästen, Türen, Balkone, in die Fenster, an Autoantennen, an den Kinderwagen oder die Schultasche…
Ein Zipfel Frieden, ein Friedensfunke: das weiße Friedensband.

Wenn viele von uns dieses Friedenszeichen zeigen, wird man nicht länger behaupten können, dass alle im Krieg ein Instrument der Konfliktlösung sehen.

Zeigt, dass ihr für den Frieden seid!
Zeigt es in den Kommunen, den Büros. am Arbeitsplatz, in Sportvereinen, Kirchen, Universitäten und Schulen: Ein weißer Streifen für den Frieden.

Leite den Aufruf weiter. Er kommt von Emergency Italien, einer humanitären
Nichtregierungsorganisation, die zivilen Armut- und Kriegsopfern medizinische Hilfe leistet und wurde 1994 von Dr. Gino Strada gegründet.

Ein Hauch von Frieden | Primo Levi Gymnasium

v.i.s.d.p. peter-grohmann@die-anstifter.de