Leerstand mit Heimsuchung

Leerstand mit Heimsuchung

Bevor wir uns Benjamin Natanjahuhu zuwenden und ihn herzlich bitten, Putins Idee mit der weiteren Annexion des Westjordanlands wenigstens zu überschlafen, eine Bitte an die Regierenden: Baut Wohnungen! Nein, nicht persönlich, lasst das mal die anderen machen. Wenn nicht, gibt es verdammt nochmal gewaltigen Ärger und Pfefferspray in den Plenar-sälen! Eure Anhänger waren ja mit Euch am Samstag fast zu 100000auf den Straßen der Republik und haben eimerweise Sand unter die protestierende Menschheit gestreut. Baut Wohnungen, wenn ihr nicht wollt, dass die Dach- und Bettlosen auf den Uni-Campussen, den Schloss- und Alexanderplätzen ihre Zelte aufschlagen, mit ihren Schlafsäcken die Tiefgaragen der Opernhäuser (warm mit Rigoletto) und Regierungsviertel, die Landtagslobbys oder die Flure der Rathäuser heimsuchen! Das wäre die adäquateste Protestform. Und jetzt mal ganz unter uns (denn viele der Wohnsitzlosen haben ja oft gar kein Eigenheim und kein Kontext-Abo, weil der Briefkasten fehlt! Sie bekommen diese aufmunternden Zeilen also nie zu Gesicht. Aber einfach so in der Stadt rumlatschen und sich an Infotischen die Flyer der Parteien über die Miet-Misere auf’s Auge drücken zu lassen, ist ineffektiv. Klar, die Parteien rechnen mit der Vergesslichkeit ihrer Wählerinnen. Sie rechnen richtig. Wer weiss schon noch, wer im kommunalen und Landesbereich dem sozialen Wohnungsbau den Hals umgedreht hat, wer seine Ländereien profitorientiert, also meistbietend verscheuert, wer ahnt, wie weit man schon den Investoren in den Hintern gekrochen ist? Wer denkt noch an Venovia & Co KG, an die andere Krähen, denen „man“ das Wohn-Gemeineigentum zugeschustert hat, zehntausende kommunaler und genossenschaftlicher Wohnungen? Allenfalls meine Omi Glimbzsch in Zittau: Vorwärts, und nicht vergessen, worin unsere Stärke besteht! Beim Hungern und beim Essen, vorwärts und nie vergessen: die Solidarität! Schön haste gesungen, Omi, und denk‘ an Oskar: „Demokratie ist eine spezifische Lebensform, die existentiell vom entwickelten Urteilsvermögen abhängt. Wo solche Prozesse der gesellschaftlichen Urteilsbildung stocken oder zu bloßen Ritualen heruntergewirtschaftet werden, zeigen sich sehr schnell Brüche im Gesellschaftsgefüge“ (Negt). Verarschung kann man erkennen, Demokratie kann man lernen. Etwa beim Stuttgarter Demokratiekongress am 13.4. im Literaturhaus. Wir sprechen uns noch!

Über Peter Grohmann

Peter Grohmann, Jahrgang 1937, Breslauer Lerge, über Dresden auf d' Alb, dann runter nach Stuttgart: Schriftsetzer und Kabarettist, Autor und AnStifter gegen Obrigkeitsstaat und Dummdünkel. Mitgründer: Vom Club Voltaire übers undogmatische Sozialistische Zentrum, vom Theaterhaus zu den AnStiftern. Motto: Unruhe ist die erste Bürgerinnenpflicht. Was ärgert Grohmann? Alle, die den Arsch nicht hochkriegen, aber dauernd meckern. Und an was erfreut er sich? An Lebensfreude und Toleranz