Wohin die Griechenland-Spenden gingen

Am 3. Juli sammelten wir auf der Kundgebung Schluss mit dem Kaputtsparen Griechenlands – für ein solidarisches Europa Spenden. Die Überschüssen gingen komplett an ein Hilfsprojekt für Flüchtlinge auf Lesbos. Mit anderen Spenden kamen so insgesamt 4.782,45 Euro deutlich mehr als die erhofften 2.000 Euro zusammen. Hier kommt nun ein Bericht von Marlis Hadjidimos, die das Hilfsprojekt initiiert hat.

Flüchtlingszelte mitten im Hafen von Mytilini auf Lesbos | Foto Marlis Hadjidimos
Flüchtlingszelte auf Lesbos | Foto Marlis Hadjidimos

Es ist unglaublich, was Ihr in so kurzer Zeit auf die Beine gestellt habt!
Ich bin Euch und allen Spendern unsagbar dankbar. Die Spontanität und Großzügigkeit kommt nicht nur den Flüchtlingen zugute, sondern ist auch für die Bevölkerung hier ein Zeichen der Solidarität in ohnedies schweren Zeiten.

Seit meinen ersten Berichten haben sich einige Bedingungen geändert.

Seit wenigen Tagen stehen Busse zum Transport der Flüchtlinge von ihrem Ankunftsort bis zur Hauptstadt Mytilini zur Verfügung. Darüber hinaus dürfen sie auch von Privat-PKW’s, Taxis und öffentlichen Verkehrsmitteln Gebrauch machen. Die bis zu 70 km langen Gewaltmärsche unter brennender Sonne und lange Strecken ohne Zugang zu Wasser werden damit den Menschen nicht mehr zugemutet.

Das große Lager, in dem zunächst 1500 Flüchtlinge untergebracht waren und über 2 Toiletten verfügte, ist zwar jetzt mit ca 10 Toiletten ausgestattet, beherbergt jedoch z.Z.3000 Menschen! Zudem herrscht dort eine große Fluktuation, so daß unsere Gruppe „το χοριο ολοι μαζι“ („village of all together“) unter diesen katastrophenartigen Bedingungen mit den wenigen Ehrenamtlichen (d.h. parallel Berufstätigen) und den beschränkten finanziellen Mitteln keine substantielle Hilfe leisten können.

Den Schwerpunkt unserer Arbeit haben wir deshalb auf PIKPA verlegt.
PIKPA war vordem ein Ferienlager für Kinder und wurde 2012 von Effi Latsoudi und anderen Aktivisten zur Unterbringung von Flüchtlingen übernommen.Der Fichtenhain ist ca. 900 ar groß, hat zwei steinerne Häuser, ein steinernes Ein-Raum-Haus. das zum Unterricht, Versammlungen und anderen gemeinsamen Aktivitäten dient, und inzwischen ca 12 H0lzhäuser, in denen max. 8 Menschen untergebracht werden können.In den Steinhäusern sind ausreichend Bäder, bzw Toiletten vorhanden (sanierungsbedürftig), Küche, Vorratsräume etc.
Dort werden besonders schutzbedürftige Menschen aufgenommen, wie z.B. Familien, Schwangere, Kranke etc.. Die meisten haben bereits einen Antrag auf Asyl gestellt, ihre Verweildauer ist also mehrere Wochen / Monate.
Dieser Zufluchtsort kann dementsprechend individueller betreut werden. Während in den Vorjahren ein Orthodoxer Priester mit seiner Gemeinde einmal am Tag eine fertige Mahlzeit lieferte, kochen jetzt die Flüchtlinge für sich vor Ort.
Ab und an laden sie auch die Nachbarn zu einem „Essen aller Nationen“ ein,es finden Sprach-, Töpfer-Strick- und andere Kurse statt, die Kinder können die hiesigen Schulen besuchen .So wird ein möglichst normales, selbstbestimmtes Alltagsleben geschaffen, was die Leere des „Nur Wartens“ überbrückt.

So überschaubar dieses Projekt im Vergleich zu den Großen Camps auch sein mag, es verschlingt ständig Gelder. Abgesehen von den Bedürfnissen des täglichen Bedarfs (Nahrung, Seife, Pampers, Reinigungsmittel etc.) schlagen Instandhaltungsmaßnahmen (Toiletten/Bäder,elektrische Anlagen, Umbaumaßnahmen z.B. für ein Arztzimmer / Raum zur Unterbringung von Medikamenten,Sanierung der Sickergrube ,Anschaffung von Feuerlöschgeräten usw.) zubuche. (Handwerkliche Leistungen werden oft kostenlos von „Symathisanten“ durchgeführt!) Ferner sammelt man ständig Matratzen Tische ,Stühle, Material zur Ausstattung der Küche. Es müssen Zelte für weitere Aufnahmen bereitgestellt werden.

Inzwischen kommt regelmäßig ein Arzt. Eine Krankenschwester ist täglich für mehrere Stunden vor Ort. Ein Dolmetscher, eine ständige Ansprechperson und mehrere Gast-Freiwillige stehen zur Verfügung.Ein Psychologe soll noch dazugezogen werden.

Effi Latsoudi & Co kümmert sich, daß im Krankheitsfall Papiere für den Betroffenen und dessen Angehörige beschleunigt ausgestellt werden und die umgehende Aufnahme in ein Athener Krankenhaus organisiert wird.
Sie kümmert sich auch um die Ertrunkenen oder aus anderen Gründen Verstorbenen, um deren Beerdigung, die immer wieder auf Verweigerung des Friedhofpersonals stößt, um die Benachrichtigung der Angehörigen im Herkunftsland, bzw ebenfalls auf der Flucht befindliche Angehörige.

Was die Gruppe um Effi L. so effektiv macht, ist die Spontanität des Handelns im Notfall, ohne Antragstellung samt Wartezeiten, Entscheidungskompetenzen etc.Da alle vor Ort arbeiten, können die Prioritäten realistisch eingeschätzt und gemäß der Dringlichkeit durchgeführt werden.Das macht deren Arbeit so effizient.

Ihr habt mit Eurem menschlichen und finanziellen Einsatz den Flüchtlingen zu einem Funken Glück und Geborgenheit verholfen und den Aktivisten zu einem Zeichen der Solidarität und Anerkennung sowie zu einer spürbaren Entlastung
der pekuniären Situation. Immer wieder Dank!

Marlis

Einige Fotos von Marlis sind als Zip-Datei (Marlis.zip) beigefügte.
1.Handicapt refugee from syria now in PIKPA
2.we collect medicines for refugees and local people
3.a family with the asylum status returns to PIKPA as they dont get any support from the state
4.tends where refugees sleep in the midle of the port of Mytilini
5. Many kids need hospital every day. The hospital of Mytilini affected by the crisis needs a lot of support
Our network is in close cooperation with the Hospital.

Ein Notfall-Team von Ärzte ohne Grenzen ist auf Lesbos/Griechenland eingetroffen. Allein in den vergangenen Tagen sind auf der Insel rund 5.000 Flüchtende angekommen – mehrheitlich aus Syrien, Afghanistan und dem Irak.
Anbei finden Sie eine Pressemitteilung auf englisch sowie Erfahrungsberichte von zwei in Lesbos angekommenen Familien.

Einige Berichte von Pro Asyl, die auch dort mit dem Projakt „Refugee Support Program Aegean“ (RSPA) im Einsatz aktiv ist:
Hilfe für Flüchtlinge in Griechenland
Die Situation treibt einigen in den Wahnsinn
Wir fühlen und von Deutschland und der EU im Stich gelassen/
Wie griechische Behörden Helferinnen und Helfer von Flüchtlingen kriminalisieren

Andere Links zur Info:
Campact: Diese Fakten über Griechenland solltest Du kennen
BBC: Island of Lesbos struggles to cope with migrant influx

Das solltet/n ihr/Sie unbedingt sehen!
Volker Pispers: Griechenland Erklärung 2015

Über Fritz Mielert

Fritz Mielert, Jahrgang 1979, arbeitete von 2013 bis 2017 als Geschäftsführer beim Bürgerprojekt Die AnStifter in Stuttgart. Davor betreute er ab 2011 bei Campact politische Kampagnen im Spektrum zwischen Energiewende und Vorratsdatenspeicherung, engagierte sich in der AG Antragsbearbeitung der Bewegungsstiftung, baute ab 2010 maßgeblich die Parkschützer als eine der wichtigsten Gruppierung im Protest gegen Stuttgart 21 auf und war ab 1996 mehrere Jahre ehrenamtlich bei Greenpeace aktiv.