Gebt Schießbefehl!

Was denn nun? Soll man jetzt schießen oder eher nicht? Aus der Luft oder nur in die Luft? Welches Kaliber? Oder besser Platzpatronen? Scharf? Auf Frauen, wegen der Gleichberechtigung und man weiß ja nie? Auch auf Kinder? Ab welchem Alter? Klar, auf jeden Fall auf Kindersoldaten!

Wir hören, dass die modernen Satellitenkameras aus 100 km Höhe Objekte von der Größe einer Zigarettenschachtel erkennen können. Rothhändle etwa. Bravo! Die können Autos orten durch den dichtesten Urwald im Urwald! Die können, wenn sie wollen, einzelne Terroristen aus der Luft im fahrenden Jeep erkennen und erwischen- und immer die richtigen. Aber sie sind nicht in der Lage, Lebensmittelpakete über den Flüchtlingslagern der 100 000 abzuwerfen. Kein Trinkwasser, keine Medikamente, kein Mehl, kein Brot. Man lässt die da am langen Arm verhungern, verdursten, sterben. Sie sind auch nicht in der Lage, ihr Ehrenwort zu halten, ihre Versprechen, ihre Zusagen. Die da glauben. Die anderen pokern. Wer gibt wie viel und warum, wenn überhaupt, wann? Die anderen sind wir: Die internationale Solidargemeinschaft, die mit den vorwiegend christlichen Werten, die abgeklärten Aufgeklärten, Vielredner, Schönredner, Schwindler.

Morgen kommt der Weihnachtsmann, kommt mit seine Gaben: Trommel, Pfeifen und Gewehr, Fahn‘ und Säbel und noch mehr möcht’se gerne haben? Geduld- und warte, warte noch ein Weilchen: Weihnachten ist doch hierzulande erst in zehn Monaten! Ach, so lange wartest du schon, glaubst du? Ja, mein Kind, dann hast du vielleicht falsch geglaubt.

„Zögern Sie nicht mit der Anwendung der Schusswaffe, auch dann nicht, wenn die Grenzdurchbrüche mit Frauen und Kindern erfolgen…“. Aus einer siebenseitigen Dienstanweisung vom 1. Oktober 1973. Kennen Sie zufällig das Land, das diesen Schießbefehl gegeben hat?

Übrigens: In Cleveland darf die Polizei auf Unbewaffnete schießen. In Deutschland rät meine Omi Glimbzsch aus Zittau und ihr Neffe den Soldaten und Polizisten: Befehl verweigern. Klappt.

*) Peter Grohmann ist Kabarettist und Initiator des Bürgerprojekts Die AnStifter

Über Peter Grohmann

Peter Grohmann, Jahrgang 1937, Breslauer Lerge, über Dresden auf d' Alb, dann runter nach Stuttgart: Schriftsetzer und Kabarettist, Autor und AnStifter gegen Obrigkeitsstaat und Dummdünkel. Mitgründer: Vom Club Voltaire übers undogmatische Sozialistische Zentrum, vom Theaterhaus zu den AnStiftern. Motto: Unruhe ist die erste Bürgerinnenpflicht. Was ärgert Grohmann? Alle, die den Arsch nicht hochkriegen, aber dauernd meckern. Und an was erfreut er sich? An Lebensfreude und Toleranz