NSU U-Ausschuss
Zu viele offene Fragen

Thumilan Selvakumaran fasst in seinem Leitartikel über den NSU U-Ausschuss in der Südwestpresse vom 30. März die vielen offenen Fragen bei der Aufklärung der Verbrechen der Terrororganisation “Nationalsozialistischer Untergrund” auch hinsichtlich der Qualität der Ermittlungsarbeit zusammen.

[…] Die Glaubwürdigkeit der Ermittler und ihrer Thesen steht und fällt mit dem Vertrauen in ihre Ermittlungsarbeit. Doch hier hat der Untersuchungsausschuss bereits jetzt haarsträubende Pannen zutage gebracht. Schlampige Arbeit, vorschnelle Festlegungen, übersehene Beweise – und ein beteiligter Polizist, der über seinen Bruder Kontakte zum Ku-Klux-Klan hatte. Auf diesem Fundament ruhen die offiziellen Erkenntnisse im Lande. […]

[…] Nun muss sich nicht nur der einstige Staatsanwalt Stefan Biehl unbequemen Fragen stellen – auch Innenminister Gall. Er hatte über Monate verhindert, dass der NSU-Ausschuss eingesetzt wird. Nur weil die Grünen die Enquete-Kommission mit Karacho gegen die Wand gefahren haben, sah die SPD keinen Ausweg mehr. Klar ist mittlerweile: Der politische Druck des Gremiums reicht durchaus, um neue Erkenntnisse hervorzubringen. Der Untersuchungsausschuss verdient mittlerweile seinen Namen. Beweisen muss er sich aber weiter. Das größte Rätsel wartet mit dem Mord an der Polizistin Michèle Kiesewetter in Heilbronn. Weitere Überraschungen sind zu befürchten. […]

Die weiteren Überraschungen sind gestern Abend eingetreten, mit dem plötzlichen Tod der 20-jährigen Ex-Freundin von Florian H., die Anfang März vor dem Untersuchungsausschuss in nicht-öffentlicher Sitzung ausgesagt, weil sie erklärt hatte, sie fühle sich bedroht. Nun ist sie tot.

Nachtrag 1: das vorläufiges Obduktionsergebnis liegt vor – 20 Jahre alte Frau verstarb laut Staatsanwaltschaft an Folgen einer Lungenembolie.

Nachtrag 2: wurde NSU-Zeugin womöglich vergiftet? Der plötzliche Tod der 20-jährigen Zeugin im NSU-Prozess wirft Fragen auf. Die Staatsanwaltschaft Karlsruhe schließt auch eine Vergiftung nicht mehr aus.

Nachtrag 3: Selbstverschuldetes Misstrauen NSU-Zeugin Ist die junge Frau wirklich eines natürlichen Todes gestorben? Die Sicherheitsbehörden haben ein Glaubwürdigkeitsproblem – und das ist hausgemacht

[…] Angela Merkel hat vor drei Jahren den Hinterbliebenen der NSU-Opfer eine rückhaltlose und umfassende Aufklärung der Taten versprochen. Eingelöst ist das Versprechen bis heute nicht. Wenn das Wort einer Kanzlerin aber nichts mehr zählt, auch nicht in ihren Ministerien und Behörden, dann stellt sich die Frage, was aus unserem Rechtsstaat geworden ist.