Bürgerbrief 54

Liebe Bürgerinnen und Bürger,
zuerst einmal danke ich Ihnen allen sehr herz- lich: Für Schulterklopfen und Händeschütten und Anerkennung, wenn ich, wenn wir den Bürgerbrief verteilen! Und dann für ebenso handfeste Gabe: für Mäuse, Knete, Geld, Pinunse, Euronen ins Kässle oder aufs Konto! Meistens drucken wir 3000 Bürgerbriefe, die immer schnell verteilt sind, auch wenn laut Polizei nur 2000 Leute bei der Demo waren. Auch das ein Wunder! Stiften Sie uns weiter an! Gern mit steuerlich absetzbarer Quittung.
*** Über Geld redet man nicht, man hat es –
oder hat es nicht.Unsre Finanzjongleure aller- dings reden fast von nichts anderem: denn ihre Welt ist das Geld – unser Geld, denn eig- nes haben sie nicht. Egal wie sie heißen: Ob Schuster oder Ackermann, Grube, Mappus, Schmiedel: Sie machen Schulden wie die Sautreiber nach dem Motto:Nach uns die Sintflut!Gerhard Stadelmaier hat zu „unserem“ Thema schon letztes Jahr in der renommier- ten Tante FAZ (10.12.09) einen wunderbaren Artikel veröffentlicht – bemerkenswert scharf, deutlich, klar. Den will ich kurz zitieren, denn Gerhard, Du sprichst mir aus der Seele!
„… Eben diese Hallen der Bonatz-Herrlichkeit sollen … geschleift, sollen zusammen mit dem gesamten Heimat-Kopfbahnhof amputiert werden! Nur damit es durchgehende, kopflose Gleise tief unter der Erde gebe und droben auf dem dann gleisfreien, geschändeten Gelände, kopflose, durchgehende Konsumbauten ent- stehen, die alle zusammen den durchgehen- den Namen „Stuttgart 21“ tragen („Stuttgart 00“ wäre wohl angemessener), erdacht von durchgeknallten Politikern … und von durchge- knallten Bahn-Profitmachern („Grasdackel“, wie man so etwas dortzulande nennt). Diese planen mit dem Geld, das sie nicht haben und nie haben werden (also mit „Schulden wie die Sautreiber“, wie man dortzulande so etwas nennt), einen völligen megalomanen Unfug ins Blaue hinein, machen dafür aber ein solide
Gewachsenes, Schönes, T olles, Heimatliches, Wunderbares kaputt – oder „hee“, wie man dortzulande sagt. Es klingt wie „weh“. Also: Krieg den Grasdackeln! Friede den Kopfbahnhöfen!“
Das kann man nicht besser, nicht kürzer for- mulieren! Und der Herr bewahre und behüte und vor Politikern im Priestergewand wie Claus Schmiedel, die die Welt mal wieder in Gute und Böse einteilen und mit der Bibel und dem großen „C“ Schindluder treiben. Falls Sie meinen, mir bleibt die Spucke weg – Irrrrturm! Denn ich weiß ja, wir sind die Besseren. (Eben deshalb, find’ ich, schreien wir den politischen Gegner nicht nieder, selbst wenn er Schuster heißen sollte und alles tut, damit man uns nicht hört).
Zum Thema Geld lese ich im Wirtschaftsteil meiner Tageszeitung (taz), dass das gesamte Währungsgefüge den Bach runter gehen könnte. Der Währungsfonds ist alarmiert wegen großer Lücken in den Büchern. Alarm hin, Alarm her: Die Banken ziehen nie den Kürzeren, sie machen immer Reibach und lachen sich ins Fäustchen. Ob WestLB oder Hypno Real, Nord LB, LBBW oder wie sie alle heißen: Die Lobby, die Regierungen tanzen nach ihrer Pfeife, der Steuerzahler, Sie, ich, wir, übernehmen die Haftung. Weil das die Planer von Großprojekten wie S21 wissen, kommt’s ihnen auf ein paar Milliarden hin oder her nie an. Es ist ja nie ihr Geld. Auf ihr Geld passen sie auf – in Luxemburg oder in der Schweiz. 800 Milliarden Schwarzgeld allein aus der Bundesrepublik, der Gemeinschaft der Bürgerinnen und Bürger vorenthalten. Und dann von Moral predigen, die Kosten von Polizeieinsätzen beklagen, bis die weißen Kragen schwarz werden! Aber wir bleiben oben! Ich hoffe, wir sehen uns – beim zweiten Demokratie-Kongreß am Sa., 17.9. (10-18 h) im Literaturhaus, bei der Montagsdemo und bei tausend anderen Gelegenheiten in einer weltoffenen, liberalen und freundlichen Stadt! In diesem Sinne herzlich Ihr Peter Grohmann

Über Peter Grohmann

Peter Grohmann, Jahrgang 1937, Breslauer Lerge, über Dresden auf d' Alb, dann runter nach Stuttgart: Schriftsetzer und Kabarettist, Autor und AnStifter gegen Obrigkeitsstaat und Dummdünkel. Mitgründer: Vom Club Voltaire übers undogmatische Sozialistische Zentrum, vom Theaterhaus zu den AnStiftern. Motto: Unruhe ist die erste Bürgerinnenpflicht. Was ärgert Grohmann? Alle, die den Arsch nicht hochkriegen, aber dauernd meckern. Und an was erfreut er sich? An Lebensfreude und Toleranz