Peter Grohmann am 20.9.2018 im Literaturhaus Stuttgart
Ein Abend für Roland Ostertag

Roland Ostertag

Ich stelle mir vor, was wohl unseren Freund Roland Ostertag bewegt haben würde in diesen letzten Monaten.

Vieles haben wir ja gemeinsam erfahren und getragen und erstritten in den letzten Jahrzehnten. Es war aber eben nicht nur der Kampf für eine lebenswerte Stadt, für eine neue Mobilität, für einen anderen Umgang mit den Ressourcen, der ihn und uns beschäftigte.

Es waren nicht nur die ausgetüftelten Alternativen für einen anderen, neuen, besseren Bahnhof, für lichtdurchflutete Hallen, für einen Bahnhofvorplatz, den Menschen und nicht dem Kommerz zugewandt ist.

Es war nicht nur die Machbarkeitsstudie aus eigener Tasche, mit der Roland Ostertag nachgewiesen hat, wie wenig es letztlich kosten würde, die Quellen des Nesenbachs wieder in die Stadt zu locken – auch das Wasser sollte oben bleiben. Dort wär‘ es gut aufgehoben.

Es war kein Hang zu alten Zeiten, der ihn trug, sondern der Blick auf die Menschen und ihre Umgebung, auf verunstaltete, hässliche Plätze und Häuser, auf Einkaufszentren, die dem Handel den Boden entziehen.

Vor rund 60 Jahren gehörte er zu den Akteuren der Gesamtdeutschen Volkspartei, wie Gustav Heinemann oder Johannes Rau, Erhard Eppler, Helene Wessel, Robert Scholl und unterstützte deren demokratische, pazifistische und auf Versöhnung gerichtete Politik.

Die Partei (GVP) hatte kein Glück, aber ihren Maximen, ihren Werten blieben die Gründerinnen immer verpflichtet. Der Blick auf die Mensch also, und das Wichtigste: das Bewusstsein, den Geist, der die Stadt bestimmt, zu ändern. Nichts verschweigen, nicht schweigen, nicht wegschauen, sich einmischen, einbringen, anstiften und Alternativen aufzeigen. Charakter also, Haltung zeigen, das war sein Credo. Ich meine, daran fehlt es heute.

Als Mitbegründer der AnStifter hätte ihn in diesen Tagen die Aktion Vielfalt – Stuttgart für Menschenrechte gefreut, die genau das ausdrückt.

Vielfalt – eine bürgerschaftliche Initiative, die vom 10.11. bis 10.12.2018 darauf hofft, dass die Bürgerinnen und Bürger die Demokratie schützen und die Zivilgesellschaft stärken – für das Recht, Mensch zu sein, gegen Populismus, Vielfalt statt Einfalt, Haltung statt Maulhalten.

So wie die Stadt muss der Mensch in diesen Zeiten Charakter zeigen.

Ganz in Roland Ostertags Sinne bitte ich Sie und Euch, füreinander, für die Demokratie und für die Menschenrechte da zu sein – und unsere Aktion nach Kräften zu befördern –

individuell und finanziell, mit Ihren Namen, durch Ihr Engagement.

Stuttgart für Menschenrechte –

es lohnt sich, die freiheitliche Verfassung zu schützen.

Über Peter Grohmann

Peter Grohmann, Jahrgang 1937, Breslauer Lerge, über Dresden auf d' Alb, dann runter nach Stuttgart: Schriftsetzer und Kabarettist, Autor und AnStifter gegen Obrigkeitsstaat und Dummdünkel. Mitgründer: Vom Club Voltaire übers undogmatische Sozialistische Zentrum, vom Theaterhaus zu den AnStiftern. Motto: Unruhe ist die erste Bürgerinnenpflicht. Was ärgert Grohmann? Alle, die den Arsch nicht hochkriegen, aber dauernd meckern. Und an was erfreut er sich? An Lebensfreude und Toleranz