Gedicht
Menschennetz

menschelnetz

von Sarah Bies

Wir spinnen mit Faden
mit Lebensfaden
ich spinne meinen Faden
Du sinnst deinen Faden
Wir spinnen einen Faden

Vom Ich zum Du
Vom Sie zum Du
Vom Du zum Wir

Vom Fremden zum Bekannten
Vom Gehassten zum Mensch

Vom Vorurteil zum Teil
zum Teil eines
eines Ganzen

geschätzt, geliebt
der Einzelne
verantwortlich stehend
für sich
für alle, verwoben im Netz
Im Netz der Gemeinschaft
Netz ohne Feindschaft
durchdrungen und gebildet von Liebe
das Menschennetz

Sarah Bies hat dieses Gedicht zum ersten Mal bei unserem Neujahrsempfang auf der Kulturinsel am 28. Januar 2018 vorgetragen.

Ein Gedanke zu „Gedicht: Menschennetz

  1. Liebe Sarah, ich habe versucht Dein Gedicht aufmerksam zu lesen und bin über zahlreiche Seltsamkeiten gestolpert. Da ist zum Einen die Assoziation mit einem Spinnennetz, das „wir spinnen“. Dann die Bewegung vom Ich zum Wir, die über das Sie und das Du ein Ziel zu finden scheint. Dann das Menschennetz am Ende des Weges, den Dein Gedicht zurücklegt. Am Ziel? Ist es das Ziel in einem Netz zu sein? Teil eines Netzes zu sein? In der Natur ist das Netz, das gesponnen wird, ein Spinnennetz. Du erwähnst nicht die Spinne und nicht ihr Opfer. In Deinem Gedicht ersetzt Du die Spinne durch die Personalpronomen Wir, Ich und Du. Und der Bewegung vom Ich zum Wir setzt sich in einer zweiten Bewegung fort, nämlich „vom Fremden zum Bekannten“ und vom „Gehassten zum Mensch(en)“. Nicht zum Ich und nicht zum Du, sondern weg vom Ich und weg vom Du. Weg vom Teil und hin zum Ganzen.
    Warum löst Du das Ich im Wir auf? Du sagst „geschätzt, geliebt der Einzelne… für alle…verwoben im Netz. Im Netz der Gemeinschaft…(dem) Menschennetz.“ Geht Liebe denn nicht genau den anderen Weg? Findet sie nicht unter den Menschen, den Einen oder die Eine, löst sie oder ihn heraus aus der Menschheit und macht ihn oder sie zu einem Ganzen, zu einer Person, geliebt, einzigartig, unersetzbar? Warum das Ich und Du zu einem Menschennetz? Liebe geht nicht den Weg vom Teil zum Ganzen wie Du ihn beschreibst, Liebe macht aus dem Teil das Ganze, das Eine und Alles, das Du, das Ich, das Höchste, hinter dem es nichts mehr braucht, nicht einmal eine Menschheit. Und nichts muss gehen, nichts muss werden, denn es ist geworden, fassbar, konkret, körperlich und wahr. Im Ich, im Du.

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