Offener Brief an die Fa. Breuninger
Liebe Kolleginnen und Kollegen,

„braun, bräuner, Breuninger“ – so wollten wir ursprünglich unseren Offenen Brief an die Fa. Breuninger betiteln, nachdem wir das Kapitel über Alfred Breuninger im kürzlich erschienenen Stuttgarter NS-Täter-Buch gelesen haben. (S. 290 – 295). Da steht unter anderem zu lesen, wie begeistert Alfred Breuninger die Diktatur begrüßte, gleich freiwillig in die Partei eintrat, NSDAP-Ratsherr wurde und massiv für die NSDAP spendete. Ja, kam dann aber ein Einwand, das ist doch schon so lange her. Und der Alfred ist doch 1947 gestorben, der jetzige Chef ist doch ein Holländer, den kann man doch nicht mit Breuningers brauner Vergangenheit in Verbindung bringen. Doch, sagten die anderen dann, er steht in einer historischen Verantwortung, schließlich wurden die Voraussetzungen für den Aufstieg Breuningers zum ersten Haus am Platze und seine heutige Bedeutung doch in der Nazizeit geschaffen. Breuninger hat in der NS-Diktatur eine explosionsartige Steigerung seines Umsatzes erlebt, als Lieferant für die Wehrmacht und als Einkleider von Tausenden von ZwangsarbeiterInnen und durch die Ausschaltung seiner jüdischen Konkurrenten. Und er hat sich im Zuge der Arisierung noch sein heutiges Filetstück am Marktplatz angeeignet. So entsteht vor dem geistigen Auge folgendes Bild: der Herr Alfred sitzt in Parteiuniform (in der er sich gerne fotografieren ließ) an seinem luxuriösen Schreibtisch am Marktplatz und studiert seine hervorragenden Umsatzzahlen, keine 100 Meter entfernt wird im Keller der Gestapozentrale Hotel Silber ein polnischer Zwangsarbeiter verhört und geschlagen, der von Breuninger eingekleidet wurde. Der Schläger trägt eine Uniform, die auch von Breuninger stammen könnte. Und dieses Hotel Silber, in dem sich diese Szene abgespielt haben könnte, will Breuninger für sein da-Vinci Projekt nun abreissen lassen! Und da soll er keine geschichtliche Verantwortung haben? Aber nein, das ist alles zu provokativ, sagt wieder jemand. So bekommen wir nie einen Gesprächstermin bei Herrn Agtmael (den wir seit über einem Jahr wegen eines Gespräches anfragen, in Telefongesprächen, Briefen, persönlichen Emails – vergeblich). So wogt die Diskussion hin und her, bis wir schließlich zu einem Ergebnis kommen. Wofür wir uns letztendlich entschieden haben, sehen Sie im Anhang. Also vergessen Sie alles, was Sie jetzt gerade gelesen haben. Entscheidend ist das veröffentlichte Wort unseres Offenen Briefes, den wir am kommenden Samstag, 19.12.2009 von 11 bis 15 Uhr vor der Fa. Breuninger verteilen werden. Neugierige KollegInnen aus den Massenmedien sind herzlich willkommen.

Mit freundlichen Grüßen
Initiative Gedenkort Hotel Silber Ebbe Koegel Heidenaecker 1 71394 Stetten-Remstal Tel. +49.7151.368806 E-Mail: ebbe.kogel@talk21.com
Download: Offener Brief an Breuninger 09-12-18 als zweitigies PDF ca. 170 Kb

Über Peter Grohmann

Peter Grohmann, Jahrgang 1937, Breslauer Lerge, über Dresden auf d' Alb, dann runter nach Stuttgart: Schriftsetzer und Kabarettist, Autor und AnStifter gegen Obrigkeitsstaat und Dummdünkel. Mitgründer: Vom Club Voltaire übers undogmatische Sozialistische Zentrum, vom Theaterhaus zu den AnStiftern. Motto: Unruhe ist die erste Bürgerinnenpflicht. Was ärgert Grohmann? Alle, die den Arsch nicht hochkriegen, aber dauernd meckern. Und an was erfreut er sich? An Lebensfreude und Toleranz