AnStifterFunken
12.01.2010: "Rassismus"

„Auf dem Weg zum Freien Radio für Stuttgart überhole ich in der S-Bahn treppabwärts eilig einen jungen, schlanken, gut gekleideten Mann mit einer senffarbenen Mütze auf dem Kopf. Ich laufe in Richtung der Halteposition des Zugs am Bahnsteig. Laut Anzeige kommt mein Zug in drei Minuten. Ich blicke den Weg zurück, den ich gekommen bin. Der junge Mann mit der senffarbenen Mütze ist Schwarzer. Er läuft gemächlich auf mich zu und bleibt dann etwa zwei bis drei Meter von mir entfernt stehen. Der Grund für meine Fahrt zum Freien Radio ist eine Vorladung zum Plenum aufgrund einer von mir getätigten rassistischen Äußerung. Ich denke kurz daran, ob ich den gut gekleideten jungen Mann nicht fragen soll, ob er den vom Freien Radio als rassistisch beanstandeten Satz „Der schwarze Mann aus Ghana machte große Augen“ wirklich rassistisch findet. Das macht zwar nicht viel Sinn, aber warum sollte ich ihn nicht ansprechen? Aber wie fang ich an? Sage ich „Du“ oder sage ich „Sie“. Normalerweise würde ich dutzen. Manchmal zu häufig, das gebe ich zu. Der junge Mann könnte das „Du“ aber wohl sehr falsch verstehen, denke ich mir: da sollte ich mir doch nicht einbilden, nur weil jemand eine dunkle Hautfarbe hat, könnte ich ihn automatisch dutzen. Nein, „Du“ sagen kann ich nicht! Ich muss ihn also siezen. Nur weil er schwarz ist? Was für ein Quatsch! Die S-Bahn fährt ein. Ich spreche den Mann, der hinter mir einsteigt, also nicht an. Er folgt mir ein paar Schritte in den Zug, setzt sich mit dem Rücken in meine Richtung auf den freien Platz in der Nähe des nächsten Türbereichs; ich bleibe im Türbereich stehen.“

Die Sendung läuft, wie immer, zwischen 22.00 Uhr und 24.00 Uhr auf den Frequenzen des Freien Radios für Stuttgart auf Ukw 99,2 und Kabel 101,2 oder per Internetstreaming über die Website des FRS.

Zu Wort kommen heute unter anderem der von 1987 bis 2000 als ständiger Gastdirigent des Operhauses von Pretoria/Südafrika wirkende Francis Rainey, der vielen in Stuttgart als Komponist des Stücks „Adrenalin“ der Eric Gauthier Dance Company bekannt sein wird. Francis Rainey erzählt u.a. davon, dass es in der Darstellenden Kunst keine Rassentrennung in Südafrika gab und welche (un-)erwarteten Gemeinsamkeiten zwischen Russland und Südafrika existeirten…
[wpaudio url=“https://www.die-anstifter.de/wp-content/uploads/2010/01/francisrainyfreundausjamika.mp3″ text=“Francis Rainey: Ein Freund aus Jamaika“ dl=““]
[wpaudio url=“https://www.die-anstifter.de/wp-content/uploads/2010/01/francisrainypretoria.mp3″ text=“Francis Rainey: Ständiger Gastdirigent am Opernhaus von Pretoria“ dl=““]
[wpaudio url=“https://www.die-anstifter.de/wp-content/uploads/2010/01/francisrainynussknackerarizona.mp3″ text=“Francis Rainey: ein Problem mit Christopher Boatwright“ dl=““]
[wpaudio url=“https://www.die-anstifter.de/wp-content/uploads/2010/01/francisrainyarmejudenschwarze.mp3″ text=“Francis Rainey: Moskauer Apartheid“ dl=““]

Zu Wort kommt David aus Ghana, dessen Nachnamen ich mir dummerweise nicht notiert habe. David ist Journalist und Redakteur von Radio Afrika, einer Sendung, die ebenfalls im Freien Radio für Stuttgart läuft.
[wpaudio url=“https://www.die-anstifter.de/wp-content/uploads/2010/01/davidausghana.mp3″ text=“David erzählt“ dl=““]

Der Schauspieler und AnStifter Eberhard Boeck hat sich uns freundlicherweise zur Verfügung gestellt und liest zwei kurze Texte aus dem Buch „Sepharad“ von Antonio Muñoz Molina. Zwei weitere Texte aus dem von Malcom Galdwell stammenden Buch „Blink“ werden ebenfalls innerhalb der Sendung zu hören sein.

Beim Neujahrsempfang der Anstifter am vergangenen Sonntag habe ich ein ausführliches Interview mit der Sprecherin und AnStifterin Evi Kunze geführt, bei der ich mich für ihre Herzlichkeit und Ihren Verstand jetzt und hier schon einmal bedanken möchte; an dem siebenminütigen Gespräch, das ebenfalls in der heutigen Sendung zu hören sein wird, musste so gut wie nichts bearbeitet werden.
[wpaudio url=“https://www.die-anstifter.de/wp-content/uploads/2010/01/evykunzerassismus.mp3″ text=“Das Gespräch mit Evy“ dl=““]

Aus ganz aktuellem Anlass wird es ferner ein Telefoninterview mit Hermann Abmayr geben, dem Herausgeber des Buches Stuttgarter NS-Täter, über unangenehme und angenehme Kontakte mit den Nachfahren der in dem Buch behandelten NS-Verbrecher.
[wpaudio url=“https://www.die-anstifter.de/wp-content/uploads/2010/01/hgabmayr20100112.mp3″ text=“Das Telefoninterview mit H.G. Abmayr“ dl=““]

Die Sendung heute Abend versucht das Thema „Rassismus“ zu behandeln und „den Ball dabei möglichst flach zu halten“.

Die Musik heute Abend stammt vor allem von der Kanadierin Madeleine Peyroux, obwohl auch dieses Mal wieder Lucy Wainwright Roche mit „Bridge“ zu hören sein wird.

Wir freuen uns über jeden der zuhört. Während der Sendung gibt es die Möglichkeit im Studio anzurufen: 0711 64 00 444 Dabei könnt Ihr Eure Meinung auch klingeln: 1 x klingeln bedeutet „ja“, „find‘ ich gut“, „weiter so“; 2 x klingeln bedeutet „nein“, „find‘ ich scheiße“, „ich schalte gleich ab“ und erst beim dritten Klingeln nehmen wir den Anruf entgegen.

Vielen Dank!

Die AnStifter-Funken-Redaktion

Über Peter Grohmann

Peter Grohmann, Jahrgang 1937, Breslauer Lerge, über Dresden auf d' Alb, dann runter nach Stuttgart: Schriftsetzer und Kabarettist, Autor und AnStifter gegen Obrigkeitsstaat und Dummdünkel. Mitgründer: Vom Club Voltaire übers undogmatische Sozialistische Zentrum, vom Theaterhaus zu den AnStiftern. Motto: Unruhe ist die erste Bürgerinnenpflicht. Was ärgert Grohmann? Alle, die den Arsch nicht hochkriegen, aber dauernd meckern. Und an was erfreut er sich? An Lebensfreude und Toleranz

2 Gedanken zu „AnStifterFunken: 12.01.2010: "Rassismus"

  1. hallo burkhard, hallo achim,
    als anstifterfunkenfan oder muß ich sagen -fanin… ;-) konnte ich die letzte sendung leider nicht live verfolgen.
    vielen dank für eure sondercd die mir in alter manier 2 stunden freies radio an einem kalten freitag bescherte.
    rassismus an den hörnern gepackt, lieber burkhard super!!, wie oft fühlt man sich wie in deinem anfänglichen beitrag, in einer zwickmühle, mit personen die eigentlich einfach menschlich sind, macht sich gedanken, ob man, oder ob man nicht…. da fiel mir sogleich der schweizer philosoph paolo bianchi ein, der vor jahren für die künstler zum neujahrsempfang gesprochen hat und den satz geprägt hat : „auch ein ausländer hat das recht ein arschloch zu sein“….(anmerkung von mir, oder eben einfach zu s e i n, mit charaktereigenschaften die halt jeder so hat….)
    naja vielleicht gibt es ja irgendwann in naher zukunft eine gesellschaftlich-menschliche toleranzentwicklung, die solche diskussionen überflüssig macht…
    die sendung vom 12.01 finde ich ‚mal wieder sehr gelungen. die zusammenstellung der beiträge, persönliches, gute interviews mit gut ausgewählten zum thema absolut passenden interviewpartnern! so auch francis, der wunderbar über seine erfahrungen als „weisser“ im „schwarzen“ land schildert, eberhards texte waren ein ohrenschmaus und die musik ja sowieso i m m e r…… ich freu mich auf den nächsten anstifterfunkendienstag! herzliche grüße heike

  2. Liebe Heike und alle anderen treuen Hörerinnen des AnStifterFunken, zuerst einmal muß ich klar stellen, daß ich nicht Achim heiße, wie ich fälschlich immer wieder in den Kommentaren erwähnt werde. Also mein Vorname ist Armin, ich sende allerdings unter dem Namen amokfisch schon seit 6 Jahren… da es noch zahlreiche andere Armin Fischer gibt (beispielsweise der Klavierkaberettist, der Schlagzeuger von Lorenzo Petrocca oder der Torwart der VfB-Amateure). Dann wollte ich euch darauf hinweisen, daß ihr die kompletten Sendungsmitschnitte der AnStifterFunken Nr. 2 bis Nr. 13 mit der Musik von mir auf zwei Kompaktscheiben per Post zugeschickt haben könnt. Und noch ein Verweis auf Sendung Nr. 14 am Dienstag, 09.02.10 von 22 bis 24 Uhr: zu Gast wird Gangolf Stocker sein (SÖS-Gemeinderat) und es wird schwerpunktmäßig über Stuttgart 21 gehen. Dann bleibt mir noch am Ende ein Dankeschön an Burkhard, dem die tolle Netzseite der AnStifter zu verdanken ist und der im August 2009 zur Redaktion dazukam und hier auch eine tragende Rolle übernommen hat. Wir sind übrigens offen für alle AnStifter und solche, die es noch werden wollen, mach mit und melde dich! Grüße aus der Öffentlichkeitsarbeit des Theaterhauses von Armin.

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