Gegen jeden Rassismus – in Feuerbach und anderswo!

Sa, 11. Januar 2014, 13:00 Uhr
Wilhelm-Geiger-Platz, Wilhelm-Geiger-Platz, 70469 Stuttgart
Veranstalter: kein Veranstalter bekannt
Wichtiges:

Folgender Aufruf hat uns erreicht:

Am 2. Januar 2014 erschien in den Stuttgarter Nachrichten ein Artikel mit der Überschrift „Stuttgart-Feuerbach – Anwohner protestieren gegen Flüchtlingsheim“. In diesem Artikel berichtet der Autor von einem Schreiben Feuerbacher AnwohnerInnen, das Mitte Dezember an den Stuttgarter OB Kuhn gesendet wurde. In besagtem Schreiben, das dem OB durch eine Anwaltskanzlei zugestellt wurde, empören sich die UrheberInnen über eine mögliche Unterkunft von Flüchtlingen im Feuerbacher Wohngebiet Hattenbühl. In rassistischer Manier wird in diesem Brief gegen die Asylsuchenden gehetzt und eine mögliche Unterbringung der Flüchtlinge mit einer „Ghettoisierung“ des Wohngebiets und dem Anstieg der Kriminalität in Hattenbühl gleichgesetzt.

Der Vorfall in Feuerbach ist leider nicht der erste dieser Art in der Region Stuttgart, auch wenn er medial mit der bisher größen Öffentlichkeit aufwarten kann. Ende des Jahres 2013 tauchten bereits im Leonhardtviertel in der Stuttgart Innenstadt Flugblätter auf, die zum Widerstand gegen eine dort geplante Flüchtlingsunterkunft aufriefen. In Vaihingen-Rohr schlugen Rassisten im Herbst 2013 mehrere Scheiben einer Flüchtlingsunterkunft ein, in räumlicher Nähe wurde ein Plakat der faschistischen NPD aufgehängt. Auch im Stuttgarter Umland wird rassistische Hetze gegen bestehende und geplante Flüchtlingsunterkünfte geschürt. So verteilten Neonazis in den Regionen Esslingen und Göppingen Hetz-Flugblätter an AnwohnerInnen, in Kirchheim Teck rufen lokale Faschisten zur Beteiligung an einer „Bürgerfragestunde“ auf, um dem rassistischen Unmut Luft zu machen.

Dass Nazis von NPD und freien Kameradschaften versuchen, sich mit möglichst konsequenter Menschenverachtung an die Spitze von Anti-Flüchtlingsportesten zu setzen, ist kein neues Phänomen. Bereits zu Beginn der 90er Jahre waren es Nazikader, die den Unmut der Bevölkerung über eine befürchtete “Überfremdung” anführten und kanalisierten. Traurige Höhepunkte dieses Vorgehens waren pogromartige Zustände in mehreren Städten der BRD, unzählige Brandanschläge auf Flüchtlingsunterkünfte und auf Wohnhäuser mit mehreren Toten. Die tagelangen Angriffe eines großen rassistischen Mobs auf eine Unterkunft von MigrantInnen in Rostock-Lichtenhagen sind vielen noch heute im Gedächtnis. Die politische Konsequenz aus den damaligen Pogromen und der rassistischen Hetze war leider nicht etwa die Arbeit an einem antirassistischen gesellschaftlichen Konsens, sondern die faktische Abschaffung des Asylrechts im Jahre 1993 durch die damalige Bundesregierung.

Erschreckende Parallelen lassen sich zur Situation heute ziehen. Wieder gelingt es Faschisten sich an die Spitze “empörter” Bürgervereinigungen zu stellen. Schon im Sommer 2013 marschierten Neonazis im Berliner Stadtteil Hellersdorf Seite an Seite mit dortigen BürgerInnen gegen eine Unterkunft von Flüchtlingen, die vor dem syrischen Bürgerkrieg geflohen waren. Einen zahlenmäßigen Höhenpunkt erreichten die rassistischen Aufmärsche im sächsischen Schneeberg. Unter Federführung lokaler NPD-Kader demonstrierten dort im Herbst 2013 annähernd 2000 Menschen gegen eine Flüchtlingsunterkunft. Dass die dort propagierte verbale Hetze schnell konkret werden kann, zeigt die Zahl der Anschläge auf Flüchtlingsheime in den vergangenen Monaten: Seit August 2013 sind in der BRD 15 derartige Vorfälle bekannt, einige davon in Baden-Württemberg. Die politischen Antworten ähneln denen der 90er Jahre. CSU-Kreise hetzen gegen “Sozialschmarotzer aus Rumänien und Bulgarien”, ein Ex-Bundesinnenminister und Mitglied des Kuratoriums der Stiftung Familienunternehmen mit Sitz in Stuttgart schwadroniert von “Wirtschaftsflüchtlingen” deren einziges Ziel es sei “mit Bargeld wieder abzureisen”.

Dieser Entwicklung muss Einhalt geboten werden. Ganz egal ob es sich um “etablierte” Politiker, oder anonyme Urheber eines Hetzbriefes aus Feuerbach handelt. Das Geäußerte hat nichts mit der oft ins Feld geführten “freien Meinungsäußerung” zu tun. Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe, ihrer Herkunft oder ihres sozialen Standes als kriminell oder asozial zu diffamieren ist und bleibt Rassismus.

Deshalb rufen wir dazu auf, den vermeintlichen Bürgerprotest am 11. Januar in Feuerbach als das zu enttarnen, was er ist: Als plumpen Rassismus!
Wir rufen dazu auf einzuschreiten, bevor konkrete Taten folgen! Es gilt Position zu beziehen!

Über Fritz Mielert

Fritz Mielert, Jahrgang 1979, arbeitete von 2013 bis 2017 als Geschäftsführer beim Bürgerprojekt Die AnStifter in Stuttgart. Davor betreute er ab 2011 bei Campact politische Kampagnen im Spektrum zwischen Energiewende und Vorratsdatenspeicherung, engagierte sich in der AG Antragsbearbeitung der Bewegungsstiftung, baute ab 2010 maßgeblich die Parkschützer als eine der wichtigsten Gruppierung im Protest gegen Stuttgart 21 auf und war ab 1996 mehrere Jahre ehrenamtlich bei Greenpeace aktiv.

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