China bebt! – Grohmanns „Wettern der Woche“

China bebt! – Grohmanns "Wettern der Woche"

China bebt
Die Welt jubelt: In China wird demonstriert! Gegen Xi (für meine alten China-Freunde: 習近平 / 近平), gegen die korrupten und anderen Kommunisten, gegen den Kapitalismus, für Menschenrechte. Steht auf, rufen die Demonstranten, steht auf, rufen auch die Demonstrantinnen! Alle, die keine Sklaven mehr sein möchten, rufen sie, steht auf! Erhebt Euch!

Normalerweise stehen meisten Massenmedien unseres Vaterlandes und die ihnen unterstellten Regierungen derartigen Forderungen eher skeptisch gegenüber. Eine Demo muss angemeldet und genehmigt werden, glauben sie. Aber Glauben ist nicht Wissen: Bei uns haben nämlich alle Deutschen das Recht, sich jederzeit ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln – und das auch noch ungehindert durch die Polizei!

Meine Omi Glimbzsch aus Zittau (Ex-DDR) hat seinerzeit das (für sie neue) Gesetz sofort angesprochen und motiviert! 1993 ist sie Hals über Kopf von Zittau nach Bischofferode aufgebrochen – nur das Grundgesetz unterm Arm und ein kleines Vesper dabei – um sich dem Hungerstreik der Kalikumpel anzuschließen und mit denen das rentabel arbeitende Kali-Werk zu besetzen und die Arbeitsplätze zu erhalten. Heute wissen wir: Das Kali-Kartell hat gesiegt, das Grundgesetz nischt genützt und die Omi verloren. Ja, dr Deufl is halt n Aischhörschen, wie man in Sachsen sagt (Dr Deifl isch a Eichhörnle).

Wir alten Sklavenhalter tun uns natürgemäß schwer mit demokratischen Rechten, können uns aber unisono gern der Forderung an die Menschen in Kuba, Moskau und Shanghai anschließen: „Steht auf! Alle, die keine Sklaven mehr sein wollen!“ Hinzufügen müßte man: Aber klebt euch bloss nicht an! Das Beispiel könnte Schule machen, Weihnachtsmärkte stören und die blühenden Landschaften absterben lassen. Die ersten Blätter fallen längs.

Es gibt eine weitere Forderung, die im Weihnachtstrubel unterzugehen droht: Kriegsverbrecher bestrafen! Aber wie? fragt die Welt. Fragt uns, sag‘ ich da! Bei uns wurden nach dem wieder verlorenen Weltkrieg Zwo die alten Kriegsverbrecher einfach in die Demokratie integriert – das war für sie Strafe genug. Sie wurden wieder Generäle, Richter, Staatsanwälte, wurden Berater, Minister, Staatssekretäre, übernahmen Medienhäuser, Konzerne, Banken, Bundestagsmandate, Verbände, Heilanstalten, ja ganze Kirchen! Und? fragen Sie jetzt vielleicht. Was soll’s? Schwein gehabt! Wir haben geerbt! Alles. Auch das von den Juden. Und Togo bleibt deutsch.

Peter Grohmann ist Kabarettist und Koordinator des Bürgerprojekts Die AnStifter.

Meine Klima-RAF – Grohmanns „Wettern der Woche“

Meine Klima-RAF – Grohmanns "Wettern der Woche"

Meine Klima-RAF

Meine Klima-RAF lässt sich nicht einschüchtern, Ihre vielleicht, aber meine nicht! Egal, ob nun Flüsse austrocknen oder keine Schmetterlinge mehr fliegen oder Bienen sich aufs Nichtsummen verlegen: Bestäuben kann man die Blüten der Zivilisation auch mit den in der VR China entwickelten Mini-Drohnen – und die stechen nicht. Wenn Wälder verrecken? Meine Klima-RAF steht wie ein Baum und brüderlich wie ein Wald Hand in Hand mit dem Auerhahn gegen Windräder und für ein Tempo-Limit ab 250 km/h. Es geht meiner Klima-RAF am Arsch vorbei, wenn 2019 in der EU (angeblich!) mehr als 300 000 Menschen durch Luftbelastung, Feinstaub und andere Schadstoffe ums Leben kamen und 150 000 der vorzeitig Totgemachten heute noch leben würden – wenn alle Mitgliedstaaten die Richtwerte der Weltgesundheitsorganisation eingehalten hätten, behauptet die Europäische Umweltagentur EEA. Beweise? Na also! 

Aber auch im Straßenverkehr gibt es hin und wieder Tote. Tote. Meine Klima-RAF zwischen Untertürkheim und Zuffenhausen kann da positive Zahlen liefern: 2021 gab es 157 Tote weniger als 2020, 157 weniger! Also im Schnitt nur sieben Getötete und 885 Verletzte täglich. Wenn also wird der Verkehr wieder und wieder schlecht gemacht wird, dann aus rein ideologischen Gründen.

Seite an Seite mit meiner Klima-RAF kämpft die Zucker-und-Gift-RAF in der Chemieparklandschaft Deutschland – das ist weltweit einzigartig! Mehrere hundert Hektar Fläche, eine eigene Verkehrsinfrastruktur mit Schienennetzen, Pipelines oder Häfen sind die Alleinstellungsmerkmale der deutschen Chemieparks. Anders gesagt: In diesen unseren Chemieparks hat die Natur gut lachen! Logisch, dass die Kommunisten bei Grünen und SPD die Zucker-und-Gift-RAF an die Leine nehmen wollen – also keine Antibiotika, kein Dioxin mehr im Futter (höchstens bei Schweinen), keine Schwermetalle und kaum Pestizide. Gottseidank sind die machtlos. Nein, nicht die Schweine, die Kommunisten. Merke also: Wer sein Essen vor dem Verzehr gründlich wäscht, kann gesund werden, oder?

In einem der reichsten Industrieländer der Welt, in Deutschland, müssen Menschen an gefährlichen Lebensmitteln sterben, weil Profit wichtiger ist als das Menschenrecht auf körperliche Unversehrtheit!„. Mit solchen Irrlichtern macht etwa Foodwatch Stimmung gegen unsere in freien und geheimes Wahlen gewählte Regierung und nimmt selbst die FDP und die CDU/CSU nicht aus. Andernorts wird gegen Mikroplastik gehetzt und behauptet, dass auch in unserer Demokratie Meere, Flüsse, Seen und Böden durch Mikro- oder Nanoplastik kontaminiert würden – Fische und andere Lebewesen wie wir fräßen es, Pflan-zen nähmen es über die Wurzeln auf. So gelangten die Kunststoffartikel über die Nahrungskette auch in den menschlichen Körper. Jetzt mal ganz unter uns: Bei mir ist nichts zu sehen, auch wenn meine Omi Glimbzsch in Zittau zur Vorsicht rät: Nie Coca-Cola, keinen Fisch mehr, kein Salz, kein Zucker, kein Obst oder gar Gemüse, keine Kartoffeln, keine Nudeln, kein Fleisch und vor allem keinen Christstollen.

Peter Grohmann ist Kabarettist und Koordinator des Bürgerprojekts Die AnStifter.

Last Generation – Grohmanns „Wettern der Woche“

Last Generation – Grohmanns "Wettern der Woche"

Auf Wikipedia wird zum Thema „Maul stopfen“ treffend gesagt, dass auf diese Weise wer auch immer durch Geld, Bestechung und andere Grobheiten zum Stillschweigen veranlasst werde. Oder, besser noch, durch (angedrohte) Gewalt, Bestrafung, Verhaftung mundtot gemacht werde. Gleich ganz erschossen wird man vor allem in Brasilien.

Das Maul stopfen mit Geld – das ist es, was wir dieser Tage in den gut temperierten Sälen im ägyptischen Sharm El Sheikh bei der 27. Weltklima-Konferenz hautnah miterleben dürfen: Den Meckerärschen aus den untergehenden Reichen wird ein letztes Mal Redefreiheit gewährt – zeitgleich werden die Kritiker aus dem Land am Nil den Krokodilen zum Fraß vorgeworfen. Hausmannskost. Wir kosten mit.

Zugegeben: Dass der Meeresspiegel steigt, ist vor allem Friedrich Merz zu danken. Nein, er hat’s nicht allein gemacht, wir haben geholfen. Aber er und seinesgleichen haben viel Geld in die Hand gekriegt, um Klima und Stimmung anzuheizen und Stimmen zu bekommen. Es ist nicht neu, „auch unsere Demokratie gehört zur kritischen Infrastruktur. Und sie steht unter Druck. Sie schützen können nur wir selbst. Das verlangt von uns Demokraten mehr als Bekenntnisse. Es verlangt Engagement, (…) Widerstandsgeist und Widerstandskraft“, behauptete jüngst der Bundespräsident.

Zugegeben, an Kraft und Geist fehlt es heute ja weltweit, ganz im Gegensatz zum Geld. Die armgehaltenen Länder, denen das Wasser bis zum Hals steht (Unterkante Oberlippe, wie meine Omi Glimbzsch aus Zittau weiß), müssen bei ihrer Rede- und Gedankenfreiheit und ihrem Engagement für die Demokratie in Sharm El Sheikh freundlich und höflich bleiben beim Betteln und versprechen, dass sie uns die Klimaflüchtlinge vom Hals halten. Dann wird bezahlt, aber nur dann.

Seitenwechsel, rechts fahren: Friedrich Merz und seine Bande – das sind in Wahrheit die Leute der letzten Generation, egal, ob sie fliegen oder segeln oder radeln, ob sie Kombis, Limousinen, Coupés, SUVs, Cabriolets, Roadster, Vans oder Betonmischer fahren oder Twitter kaufen. Hinter, vor und neben ihnen stehen die hartgesottenen Retter von Abendland und Kapital – die Blackrocker aus Philadelphia, Budapest, Rom, Stockholm, Warschau etc. pp.

Nebenbei: Die Mercedes-Benz Group ist der größte Einzelaktionär der Daimler Truck Holding. Große Anteilseigner: die chinesische BAIC Group, der chinesische Investor Li Shufu, der Staatsfonds von Kuwait, um nur ein paar zu nennen. Mercedes baut die sichersten und schnellsten Autos der Welt, die größten Betonmischer und die schnellsten Krankenwagen. Ham’se mal ne Mark?

Peter Grohmann ist Kabarettist und Koordinator von Bürgerprojekten.

Jetzt zum Anhören
Die Aufzeichnung der Podiumsdiskussion „Boycott Qatar 2022“ am 2.11.2022 im Theaterhaus Stuttgart

Foto: Brigitte Lösch

Mit Bernd Sautter (Moderation)

Dietrich Schulze-Marmeling (Autor/Mitinitiator der Kampagne Boycott Qatar 2022)

Sophia Gerschel (Bundesarbeitsgemeinschaft der Fanprojekte e. V.)

Andreas Zweigle (vertikalpass.de)

Stephanie Doetzer (Arbeitete vier Jahre für Al Jazeera in Doha)

Aufzeichnung der Podiumsdiskussion "Boycott Qatar 2022" am 2.11.2022 im Theaterhaus Stuttgart

Herzlichen Dank an die Teilnehmer*innen, das Publikum und die Mitveranstalter vom Institut für Auslandsbeziehungen, dem Kickers Fanprojekt und dem VfB Fanclub Rote Karte.

Wettern der Woche
Ist Lula noch da?

Die Welt dreht sich schneller, als die Polizei erlaubt. Und wie oft ist die Tinte der Glossenschreiber noch nicht einmal richtig trocken, sind die Wahlurnen noch nicht versiegelt und die Pistolen noch nicht mal nachgeladen, da schmort der Wahlsieger bereits im Knast, ist kalt- oder wenigstes ruhiggestellt oder auch schon im Ausland. Weiß man’s?

Der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro jedenfalls hatte zeitlebens die Götter und Götzen hinter sich, die echt Evangelikalen, die dick Katholischen mit den roten Käppchen und die smarten Deutschen mit dem Klingelbeutel. Die große Mehrheit der in Brasilien tätigen deutschen Unternehmen hat sich unumwunden, offen, frech und frei – und rechtzeitig vor den Wahlen – für den sich jugendlich gebenden Gangster ausgesprochen: Bei ihm sind die Gewinnchancen am größten, der Holzeinschlag am kräftigsten, die seltenen Erden am seltensten und der Export hierzulande längst verbotener giftiger Substanzen nach Brasilien am sichersten.

Und nicht wenige kannten ja noch aus den Zeiten der NSDAP (AO) das Prozedere der Teilhabe an Macht und fremdem Eigentum. „Aber vielleicht ist dieser Lula ja noch da?“, wird jetzt meine Omi Glimbzsch in Zittau fragen. Omi, dann wird ihm die Koalition der Obengenannten Feuer unterm Arsch machen, jeden Tag neu. Ganz vorn in dieser Liga von Populisten, Umweltzerstörern und Demokratie-Rettern spielt übrigens Elon Musk mit: Er will endlich seine Meinungsfreiheit und Meinungsführerschaft retten, den Urwald kaufen und Bolsonaro küssen, wo auch immer. Am liebsten als Präsidenten.

Dass die Würde des Menschen unantastbar ist, glaubt nicht mal unser Bundespräsident. Und so holt er bei seiner neulichen Rede an die Nationen für Generalissimus Putin erstmal den Knüppel aus dem Sack: Pazifismus war gestern, Freundchen! Hier wird nicht verhandelt, hier wird gekämpft. Der clevere Sozialdemokrat erinnert sich möglicherweise gern an den Hindukusch, an dem ja auch bis zum Geht-nicht-mehr unsere Werte, unsere Würde und Freiheit verteidigt wurden, bis das letzte Flugzeug abhob und so mancher Zurückgebliebene traurig hinterher winkte – wie im echten Leben. Seit wir wissen, dass auch unsere Demokratie zur kritischen Infrastruktur gehört und dass sie gewaltig unter Druck steht, wird mehr von Demokraten verlangt, mehr als Bekenntnisse. Es wird Engagement verlangt, Widerstandsgeist und Widerstandskraft, sagt Frank Walter Steinmeier. Jetzt wird es ernst. Jetzt müssen wir alle zusammenhalten – ob preiswerte Rentnerin oder teurer Mineralölkonzern. Jeder an seinem Platz.

Der eine an der Börse, der andere ohne Börse und in der Wärmestube.

Peter Grohmann ist Kabarettist und Koordinator von Bürgerprojekten.

Atomkraft ist todsicher – Grohmanns „Wettern der Woche“

Atomkraft ist todsicher – Grohmanns "Wettern der Woche"

Die Geschichte der zivilen Atomkraft ist eine Geschichte von Katastrophen und Beinahe-Katastrophen, von Lügen und Halbwahrheiten, von kleinen und größeren, vertuschten, verheimlichten und verharmlosten Störfällen. Und just da spricht ein großer Tübinger ein kleines, aber wahres Wort gelassen aus: „Allein durch längere Laufzeiten von Atomkraftwerken sparen wir kein Gas“, sagt Boris Palmer, der im Gegensatz zu Xi Jinping nur 52 Prozent der abgegebenen Stimmen erhielt. Selbst die Wahlbeteiligung war deutlich niedriger als in China.

Doch egal jetzt, Sicherheit hin oder her: Hier hat’s gewackelt und gedonnert, hier wurden Tausende Milliarden Dollars verbrannt und verbraten, hier waren Strontium-90 oder so, Jod-131, Caesium-134 und Caesium-137 und als Abfall Atomwaffen im Spiel, hier wurde und wird gerungen und gerätselt: Wohin mit den Hinterlassenschaften, wenn nicht nach Afrika oder Riedlingen?

Unterdessen wird unausweichlich weitergestrahlt in Harrisburg/Three Mile Island, Chalk River, Idaho Falls, Los Alamos, Knoxville, Melekess, Monroe, Lucens, Rocky Flats, Majak/Tscheljabinsk, Windscale/Sellafield, Leningrad, Belojarsk, Bohunice, Saint-Laurent, Tschernobyl, Wladiwostok, Gore, Tomsk/Sewersk, Tōkaimura, Simi Valley, Fleurus, Fukushima. Schreiben Sie mir, wenn ich was vergessen habe. Saporischschja wartet noch ab. Aber auf ein paar mehr oder weniger kommt’s jetzt nicht an. Erfreut hat unsereins, dass Neckarwestheim sicher ist. Das sagten die Grünen der SPD. Und lassen eine Expertise des Geologen Hermann Behmel in der Schublade schmoren, die das Gegenteil nahelegt. Bis: April, April.

Atomkraft ist derart risikobehaftet, dass AKWs nirgendwo versichert werden können – aber das sagen sie natürlich nicht (mehr). Die Anlage in Neckarwestheim steht auf zerrüttetem, verkarstetem Muschelkalk, unter dem mächtige Gips- und Anhydritschichten liegen. Anhydrit quillt bei Wasserkontakt auf und nimmt im Volumen bis zu 60 Prozent zu, wodurch es zu schweren Schäden an Gebäuden kommen kann. Deshalb kostet ja auch das Bahnprojekt Stuttgart 21 nicht wie vorgeschlagen 2,4 Milliarden oder 4 oder 6 oder 10 oder 12, sondern 16 Milliarden Euro, ganz ohne Rettungsschirm und Muschelkalkbremse.

Das mit dem Sickerwasser konnte übrigens niemand ahnen. Bereits 1998 machte das AKW Neckarwestheim Schlagzeilen, nachdem an Atommüll-Behältern aufgrund radioaktiver Verschmutzungen das Vielfache der zulässigen Strahlungsmengen festgestellt wurde. Sogar die Polizei war einer rechtswidrigen Strahlenbelastung ausgesetzt, die Grenzwerte der Strahlenschutzverordnung wurden bis zu 4.350-fach überschritten. „Ob das wirklich alles stimmt?“, fragte mich meine Omi Glimbzsch aus Zittau. Die kennt ihren Behmel und weiß: Auch mit Red Bull kann man sich kontaminieren.

Peter Grohmann ist Kabarettist und Koordinator von Bürgerprojekten. Das aktuelle Projekt Vom Wert der Menschenrechte – 30 Tage im November startet am heutigen Mittwoch, 26. Oktober.

Neues vom Betty Rosenfeld Projekt

Nach einer Biographie über Betty Rosenfeld und der Initiative „Ein Platz für Betty Rosenfeld“ gibt es jetzt auch die Website betty-rosenfeld.de auf der sowohl Buch als auch die Initiative vorgestellt werden.

Falls Sie die Petition zur Umbenennung des Bismarck Platzes noch nicht unterschrieben haben, können Sie das weiterhin hier erledigen.

Frontex Mörder – Grohmanns „Wettern der Woche“

Frontex Mörder – Grohmanns "Wettern der Woche"

Frontex soll uns vor Flüchtlingen schützen – vor Menschen, die politisch verfolgt werden, vor Leuten, die gefoltert wurden, vor Menschen, die sexuell missbraucht wurden, vor Hungernden und Dürstenden. Vor Wirtschaftsflüchtlingen – und vor Umvolkung. Frontex ist der Garant dafür, ist der militärische Arm von Grünen, SPD, FDP, CDU/CSU und den anderen Mitregierenden auf europäischer Ebene. Frontex ist der verlängerte Arm von Demokratie und westlichen Werten. Fronttext schaut auch aus dem Himmel herunter zu, wie Menschen ins Meer getrieben werden und ersaufen. Wenn es den Wächtern der Werte zu bunt wird, drehen sie ab und vergessen alles, was sie gehört haben: Die Schreie. Was sie gesehen haben: Die Ertrinkenden. Wenn sie zu Hause bei Mutti sind, fälschen oder schwärzen sie Dokumente oder lassen sie ganz verschwinden. Mehr dazu? Im berüchtigten internen Bericht der EU-Antibetrugsbehörde OLAF, der geleakt wurde, aber streng geheim bleiben sollte. (https://fragdenstaat.de/blog/2022/10/13/frontex-leak-olaf-bericht).

Nun ist das alles aktenkundig, offenkundig, geschwärzt wie die Menschen-rechte. Leute, die mit offenen Augen durch die Welt laufen und lesen können, wissen das alles längst, Sie auch. Aber Sie hab‘ ich nicht gewählt. Ich hab‘ Müller Maier Schulze gewählt, die von den demokratischen Parteien, damit die (gern mit mir und Ihnen) auf die Demokratie aufpassen, auf verbriefte Rechte. Die Müller Maier Schulze wurden vereidigt, damit sie „Verfassung und Recht wahren und verteidigen… und Gerechtigkeit gegen jedermann üben“.

Ich weiß, Müller Maier Schulze haben viel zu tun, sie bekommen dafür viel Lob und Lohn und selten richtig Ärger. Aber irgendwann müssen sie sich auch an ihren Eid erinnern. Wir helfen dabei, als Fluchthelfer, als Flüchtlings-helfer beim Sprung über die Mauern und Barrieren von Rechtsbrechern. Denn „die ganz große Gemeinheit entsteht heutzutage nicht dadurch, dass man sie tut, sondern dadurch, dass man sie gewähren lässt“, so Robert Musil.

Wenn wir schon bei Gemeinheiten sind: Jin, Jiyan, Azadi! Frauen, Leben, Freiheit! Wir lassen auch die Frauen und ihre Revolution im Iran im Stich. Hat irgendein Land seinen Botschafter aus Teheran abgezogen? Hat irgendjemand gefordert, die Besitztümer z.B. von Khomeini im Ausland zu konfiszieren? Gibt’s Einreiseverbote? Nix davon. Nicht mal bei ’ner Demo sieht man sich. Vor Wochen nahmen in Kabul Dutzende Frauen an einer Kundgebung für die aufständischen Iranerinnen teil – Hut ab oder Kopftuch. In Saudi-Arabien wurde im Sommer die Studentin Salma al-Schehab zu 34 Jahren und Nourah bint Saeed al-Qahtani zu 45 Jahren Gefängnis verurteilt, weil sie sich für Frauen- und Menschenrechte eingesetzt hatten. Selbst bei solchen „Fällen“ bleiben wir mit Müller Maier Schulze und der grünen AG Frauen*/-Gender/Queer oder der Frauenunion der SPD auf dem Teppich. Und meine Omi Glimbzsch in Zittau kauft mir zu Weihnachten ein Kopftuch – „das kannste übers ganze Gesicht zieh’n und siehst nischt mehr“. Es wird kälter.

Peter Grohmann ist Kabarettist und Koordinator des Bürgerprojekts Die AnStifter

30.OKTOBER 2022
CAMPO DELLA PACE 2022 – ERINNERUNG IM LAND DER TÄTER*INNEN

30.Oktober 2022: Campo della Pace 2022 - Erinnerung im Land der Täter*innen

Einladung zu einem Abend im Hotel Silber mit den italienischen und deutschen Teilnehmenden des Friedenscamps 2022

30.10.2022
18 Uhr
Hotel Silber, Foyer

Die jugendlichen Teilnehmenden des diesjährigen Friedenscamps im toskanischen Bergdorf Sant’Anna di Stazzema  treffen sich in diesem Herbst wieder in Stuttgart zum zweiten Teil des Friedenscamps.
Sie setzen sich in Stuttgart mit den hierzulande gescheiterten Bemühungen um die juristische Aufarbeitung des Kriegsverbrechens von Sant’Anna auseinander und werfen einen Blick auf die Erinnerungslandschaft von Italien und Deutschland.

Im Hotel Silber berichten Sie von ihren Erlebnissen in Sant’Anna, von den Begegnungen mit den Zeitzeugen und Zeitzeuginnen und der Gedenkfeier zum Jahrestag des Massakers in Sant Anna am 12. August, an dem sie sich mit einem Redebeitrag beteiligt haben.

Sie werden  mit den Ergebnissen ihrer Workshops in Italien und Deutschland einen Abend im Hotel Silber gestalten zu dem alle Interessierten herzlich eingeladen sind.

Gesprochen wird Italienisch und Deutsch.

Veranstalter*innen: Haus der Geschichte Baden-Württemberg, Initiative Lern- und Gedenkort Hotel Silber e. V., Die AnStifter, Naturfreundejugend Württemberg

Wir bitten um Anmeldung bis zum 27. Oktober unter: veranstaltungen-hs@hdgbw.de

Schöne Sch…! – Grohmanns „Wettern der Woche“

Schöne Sch…! – Grohmanns "Wettern der Woche"

Die Äpfel sind runter, die Kartoffeln sind raus, der Herbst ist da. In Cottbus sind die deutschen Demokraten nochmal mit einem hellblauen Auge davongekommen, während in Hannover Lindners Leitfiguren in die Röhre gucken. „In der Röhre steht die Mauke“, sagte meine Omi Glimbzsch in Zittau öfters, wenn’s nischt zum Essen gab – aber Mauke gab’s immer: Das ist Kartoffelbrei, warmgehalten den lieben langen Tag für hoffentlich vorüberziehende Flüchtlinge oder anderen überraschenden Besuch, Leute, die keine Angst vor bellenden Hunden hatten. Seinerzeit, damals.

Heute hamwa zentralbeheizte Räume: Es wird zum Runterdrehen geraten, dafür kann man beim Volksfest aufdrehen beim klassenlosen Ruckizucki. Das ist die neue Masche / Die jede gleich erkennt / Im ganzen Land das Liedchen / Im Ruckizucki-Trend. Beim Cannstatter Wasen orientiert sich der Preis an den Bayern, da kostet die Maß 13,50. Das Publikum? Eher in den einkommensstarken Jahrgängen. Die Rentner:innen trinken die Reste, wenn niemand hinguckt. Der Atomkrieg wird weggetrunken, Krisen und Kriege ersaufen im Suff.

Ruckizucki, denk‘ ich mir, müsste man jetzt verhandeln, aber erst, wenn der Rausch ausgeschlafen ist. Lieber 100 Stunden umsonst verhandeln als eine Minute Krieg, stellt auch die SPD Oberhausen-Rheinhausen auf ihrer Website fest. Putin und Selenskyj sind trinkfeste Genossen. Ist es die unschützbare oder eher die marode Infrastruktur, die die beiden und uns zum Glase greifen lässt?

Das Atomkraftwerk Neckarwestheim bleibt am Netz und ist auch ohne Erdbeben unsicher, was selbst viele Grüne wissen. Beim explodierten Atomkraftwerk Tschernobyl schützen uns vorläufig Schutzhütten – und das Atomkraftwerk Saporischschja etwa ist zwar wieder am Netz, aber Marie-Agnes Strack-Zimmermann hat niedrigschwelliges Wissen und stellt auch als Mutter klar, wie Krieg geht und dass der russische Geigerzähler anders tickt als der amerikanische und dass der Russe jederzeit und so weiter und fährt schweres Geschütz auf. Putin ängstelt.

Am 30. Mai ist der Weltuntergang. Anlass für dieses Lied war die erste Flächenbombardierung Kölns im Zweiten Weltkrieg – ah, Sie erinnern sich? Sie richtete sich nicht gegen militärische Ziele, sondern gegen die Zivilbevölkerung – als Vergeltung für die Angriffe der Deutschen auf London und Coventry. Der Weltuntergang als Gassenhauer bleibt im musikalischen Gedächtnis der Menschen – Coventry nicht.

Bis zum nächsten Krieg verteidigen wir die westlichen Werte in Brasilien und auf den Philippinen, in Indien, Ungarn, Polen, Italien, Frankreich, Schweden, den Vereinigten Staaten, Chile, Italien und Kolumbien. Hab‘ ich noch alle? Aber Sie können die Liste gern erweitern. Schöne Sch…!

Peter Grohmann ist Kabarettist und Koordinator von Bürgerprojekten.

Vorübergend nicht zu erreichen

Kampfschwimmer Joe Biden – Grohmanns „Wettern der Woche“

Kampfschwimmer Joe Biden – Grohmanns "Wettern der Woche"

Kampfschwimmer Joe Biden
Brasilien, also dieser Kreditkartenfälscher und Urwaldmörder Bolze Naro hat ja klipp und klar gesagt: Wenn die anderen die Wahl gewinnen, also nicht er und seine Faschos, gibt’s richtig Bambule. Die Messer sind geschliffen, alles wird gut, sagte der betende Kandidat. Ja, freie Wahlen, die sind schwer zu machen – soweit sie überhaupt erlaubt sind. Da hatte Scholz Glück, im Februar: Da erlaubte Joe Biden unserem Kanzler den Zutritt zum Weißen Haus in Washington zur gemeinsamen Pressekonferenz. Es ging um Friede, Freundschaft, Eierkuchen und westliche Werte wie Würde, Waffen, Wasser – also auch Gas und Nordstream Zwo. Noch standen die Soffjetts mit scharrenden Füßen an der Grenze zur Ukraine, im kalten Ostwind, die Zeiss-Fernrohre westwärts auf die Faschisten gerichtet. Die deutsche Industrie war bereits leicht beunruhigt, aber guten Muts, weil sie mit Biden und mir der Meinung waren, dass Diplomatie die Lösung ist. Verdamp lang her (BAP):

Auf der PK am 7.2.22 – 14 Tage vor dem Überfall auf die Ukraine – wollte ein vorlauter Journalist wissen, wie denn das mit Nordstream 2 wäre, wenn je was wäre (was keiner will). Biden wiegelte hin, wiegelte her, wiegelte auf: „If Russia invades Ukraine, then there will be no longer a Nord Stream 2. We will bring an end to it.“ Als der Frager, der nicht an Wunder glaubte, nachfragte, wie denn sowas möglich sei, wo das Projekt doch unter gesamtdeutscher Kontrolle stehe, fügte der Präsident weise hinzu: „I promise you, we’ll be able to do it“ – vielleicht in Erinnerung an Angela Merkel.

Nach Sichtung der Fakten fordere ich eine Untersuchungskommission unter Teilnahme der USA, Polens, der Nato, der Ostsee-Anrainer außer Rußland und Ukraine, ob Mitglied oder nicht: Untersucht!

Mit Blick auf die Weltlage würde meine Omi Glimbzsch in Zittau allerdings nun vielleicht resignierend sagen: „Friher hätts das nich gegäbn!“ In diesem Kontext ist ein viel genutztes Zitat von Konrad Adenauer hilfreich: „Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern!“ Um dem konservativen Knochen Adenauer zu schaden, ließen seine intimsten Feinde allerdings den zweiten Teil des Zitas weg: „Nichts hindert mich, weiser zu werden.“ Keine Ahnung, ob’s geklappt hat. Der größereTeil der Medien läßt gern auch mal was weg, wenn’s um Aufklärung gehen sollte – zum Beispiel die Biden-Zitate.

Jedenfalls sind die USA die einzige Macht, die so eine gelungene Sabotage von Nordstream nicht nur technisch jederzeit durchführen kann, sondern auch noch so, dass niemand was merkt und die Ausführenden unter Wasser (also unentdeckt) bleiben werden. Um noch einmal den Kampfschwimmer Biden zu zitieren: „Ich verspreche Ihnen: Das werden wir schaffen“

Peter Grohmann ist Kabarettist und Koordinator des Bürgerprojekts Die AnStifter
Materialien – 30 Tage im November

Become deserters! – Grohmanns „Wettern der Woche“

Become deserters! – Grohmanns "Wettern der Woche"

Ein Dach überm Kopp versprachen wir den Deserteuren – das war das Mindeste. Essen und Arbeit und einen fremden Ausweis fürs Dableiben. Ich sprech‘ vom Ende der Fünfziger, Anfang der Sechziger, und es waren vor allem junge Algerier, politisch verfolgt, die aus Frankreich rübergemacht hatten nach Stuttgart: Hier gab’s ein bescheidenes Netzwerk, das diese Hilfe für die Flüchtigen garantierte und organisierte, und hier gab’s auch das rechte linke Klima für alle Arten von Deserteuren, für Verfolgte. Ob sie nun aus dem faschistischen Spanien kamen, aus der südafrikanischen Rassen-Republik oder aus den US-Patch-Baracks im heimattreuen Stuttgart-Vaihingen.

Im Hintergrund wirkten Menschen wie der Gewerkschafter Otto Höft, der Übersetzer vom Französischen ins Alltägliche. „Genosse O“ hatte in der Resistance gedient. Auch Fritz Lamm half, er war in den Internierungslagern Frankreichs, in Kuba und in den Drucksälen der „Stuttgarter Zeitung“. Junggebliebene Partisanen, undogmatische Linke allesamt, bestens vernetzt mit Kolleg:innen im Wohnungsamt der Stadt und demokratischen Wachleuten der seinerzeit noch kommunalen Polizei – wegen der Papiere für die Duldung und eben dem Dach überm Kopp.

Höft und Lamm und Susanne Leonhard oder Otto Wahl und Hans Gasparitsch: Sie waren mit anderen Widerständlern zugleich die Verbindungsleute zwischen den Flüchtlingen und Organisationen wie der IG Druck und Papier, den Naturfreunden oder roten Falken, waren Hintermänner und Zuträger oft zweisprachiger Infoblätter, kleiner Zeitungen wie „Das Freie Algerien“ (1959 bis 1961), die die Drangsalierung der Algerier in Frankreich offenbarten, über die Aufstände in Nordafrika berichteten und der Nationalen Befreiungsfront FLN ein Forum boten.

Natürlich, es brauchte auch die breitere Basis, die Auffangbecken, Schlupflöcher wie den Club Voltaire im Leonhardsviertel oder den Zeltplatz der sozialistischen Jugend im tiefen Hotzenwald. Die Naturfreundehäuser mit den Achtbett-Zimmern, alles etwas abseits des Mainstreams. Es brauchte den Sprung ins Offene, Freunde: Reimar Lenz schrieb der Tagespresse, Tübinger Studierende demonstrierten von der Uni kommend auf dem Marktplatz mit den Stuttgarter Buchdruckern für die Freiheit und die Menschenwürde des algerischen Volkes.

Es war eine gute Schule für den zweiten Schritt – die Solidarität mit den meist farbigen Deserteuren aus dem EUCOM, der US-Army und drumrum, die nicht nach Vietnam ins Sterben mochten, die den Rassismus in der Army und zu Hause satt hatten. Ihr Fluchtweg führte über die Prostituierten in der Stuttgarter Altstadt direkt in eine kleine illegale Wohnung in der Hauptstätter Straße: Von da ging’s um halber Viere morgens nach Straßburg, im R 4, um im Strom der Berufspendler illegal den Rhein westwärts zu queren. Im gotischen Liebfrauenmünster hieß man die desertierten Amis willkommen, im Zeichen Jesu: Du sollst, verdammt nochmal, nicht töten!

Ach, wie schön wär’s doch, würde man heute die Russen bei uns so willkommen heißen. Desertiert. Die Waffen nieder. Aber überall.

Peter Grohmann ist Kabarettist und Koordinator von Bürgerprojekten.

Peter Grohmanns Wettern der Woche
Trauer ist unsere Königin

Wir trauern mit den Müttern und Vätern in aller Welt,
die ihre Kinder in den Kriegen verloren haben.

Wir trauern mit den Töchtern und Söhnen.

Wir trauern mit den traurigen Kindern,
die keine Tränen mehr haben.
Wir trauern um Zehntausende,
die in den Fluten des Mittelmeers ertrunken sind,
an die vielen, die an unseren Grenzen,
an den Grenzen der Reichen und Satten,
zurück in Meer getrieben wurden.

Wir trauern um alle, die im Stacheldraht sterben,
um die Gedemütigten, Vergewaltigten, Gefolterten
und Gemarterten in den Gefängnissen Nordafrikas,
die die Küsten nicht erreichen.

Wir trauern um die Kinder, Millionen,
die verhungert sind, die Hungernden mit den großen
Augen heute und morgen.

Wir trauern mit jenen, die im Elend zurückbleiben,
mit den Flüchtlingen und Geflüchteten,
den Vertriebenen und den Verfolgten, den
Gefolterten und Geschlagenen überall auf dem
Erdball,
mit den Leidenden und Ausgebeuteten.

Nicht nur heute.

Peter Grohmann’s „Wettern der Woche“

Peter Grohmann ist Kabarettist und Koordinator des Bürgerprojekts Die AnStifter und Mitorganisator von 30 Tage im November – Vom Wert der Menschenrechte.

Video
Kipp-Punkte in Sicht – Wie und mit wem können wir das Ruder noch rumreißen?

Kipp-Punkte in Sicht - Wie und mit wem können wir das Ruder noch rumreißen?

Podiumsdiskussion am 19.9.22 im Kesselbambule Klimacamp mit:

Prof. Dr. Dr. Helge Peukert, Universität Siegen, Professor für Finanzwissenschaft und Finanzsoziologie

Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH)

Dr. Winfried Wolf, Verkehrsexperte, Journalist und Herausgeber von ‚LunaPark21′

Moderation: Judith Scheytt, Fridays for Future

Video: Eberhard Linckh

Das Wettern der Woche
Heißer Herbst und kalte Füße

Peter Grohmann mit Maske
 

Wir reden diesmal ausnahmsweise nicht über den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Deutschlands auf die Ukraine 1941, nicht über die Sommeroffensive der Nazi-Wehrmacht 1942, nicht über den zeitgleichen Großangriff der Russen in der Ost-Ukraine, nicht über 850.000 Juden, die wir bereits nach wenigen Monaten ermordet hatten. Schwamm drüber. Vergeben und vergessen. Wir reden über Siege, über schnelle Siege heute hier wie dort, die vielen Menschen die Freudentränen in die Augen treibt. Und daher pocht das Herz der öffentlich-rechtlichen Moderatorin im kurzweiligen und königstreuen Nachrichtenblock des ZDF am 11.9.2022 (22:37 Uhr) an der richtigen Stelle für schwere Waffen, wie wir merken

Halt! Стой! Denn da hält der interviewte Ex-General dagegen: Egon Ramms, einst einer der ranghöchsten deutschen Soldaten in der Nato, versteht die ganze Debatte um schwere Waffen nicht und kontert die Tränen von Anne Gellinek. Hörte sich gut an, mon General! Im ZDF-Transkript des Interviews fehlt sein kritischer Unterton komplett. Und während ich mich ärgere über die Kritik, erinnert mich meine Omi Glimbzsch in Zittau an Lotte Lenyas feinen Song in der Dreigroschenoper: „Anstatt dass, anstatt dass sie was täten was ’nen Sinn hat und ’nen Zweck, machen sie Spaß …“.

Jetzt aber kein Spaß: Bundespräsident F.-W. Steinmeier hat am 11. September Obdachlose in sein Schloss eingeladen, auch solche, die aus den Innenstädten gern vertrieben werden, weil sie die Kauflust mindern. Alle waren relativ fein angezogen und haben einen guten Eindruck hinterlassen. Der Bundespräsident rechnet damit, dass es mehr werden, und da ist er nicht allein. Freilich: Essen gibt’s reichlich, noch. Zwischen 20 und 30 Millionen Tonnen Lebensmittel werden jährlich in Deutschland weggeworfen und vernichtet. Die Zahlen variieren, je nachdem, was man so hin und her rechnet. Gleichzeitig sind fast 14 Millionen Menschen in Deutschland von Armut betroffen. Sie können die steigenden Mieten und Energiekosten nicht mehr bezahlen. Okay, vielleicht ist das übertrieben, die Mieten wie die Zahlen.

Zeitenwende also, ein heißer Herbst in kalten Buden für alle – wenn da nicht die Atomkraft wär‘. Aber das Umweltbundesamt warnt: „Es gibt immer ein Risiko beim Betrieb von Atomanlagen, die Endlagerung ist ungelöst und mit der Gefährdung von Mensch und Umwelt verbunden … Der Uranabbau verursacht erhöhte Uran- und Radiumbelastung in Gewässern und Sedimenten. Radioaktiver Staub und Radongas gefährden Arbeiterinnen und Arbeiter sowie Anwohnerinnen und Anwohner von Uranminen …“ Ich sag‘ mal so: Glauben schützt vor Wissen.

Peter Grohmann ist Kabarettist und Koordinator von Bürgerprojekten.

Stellungsnahme der AnStifter zur Demonstration „Keinen Euro für Krieg und Zerstörung! Stattdessen Milliarden für eine soziale, gerechte und ökologische Friedenspolitik!“

Liebe Kolleg*innen vom Friedensratschlag

Die Anstifter sehen sich in Tradition der Friedensbewegung der 80iger Jahre und unterstützen viele der allgemeinen Forderungen eures Aufrufes zum Aktionstag am 1.10.2022. Sie haben in den letzten Jahrzehnten nicht an Aktualität verloren.

Wir sehen ein Problem dieses Aufrufs allerdings darin, dass er ein wenig aus der Zeit gefallen zu sein scheint. So wichtig und richtig viele Forderungen sind bieten sie doch leider keine Antwort gegenüber dem aktuellen Krieg in der Ukraine.

Zum einen vermissen wir in eurem Aufruf eine klare Absage an den völkerrechtswidrigen Angriff Russlands auf die Ukraine. Zugleich können zwei eurer Forderungen den Eindruck nicht zerstreuen, dass ihr doch ein wenig einseitig auf diesen Krieg schaut.

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Peter Grohmanns Wettern der Woche
Winnetou, schon ganz meschugge

Winnetou, schon ganz meschugge

Dieser Tage habe ich über mein Leben nachgedacht: Wo komm ich her, wo will ich hin, wo muss ich, wo darf ich und wo kann ich bleiben? Bei der Recherche fiel mir auf, dass wir alle ja letztlich aus Afrika kommen, menschheitsgeschichtlich gesehen, auch wenn wir heute in Berlin, Stuttgart oder Moria leben. Auf den langen Wanderungen haben sich wetterbedingt die einen mehr an Homo Faber orientiert, die anderen eher an Homo Sapiens. Die einen waren eher gezwungen, den Weg Nord-Nord-Ost zu nehmen, den anderen stand der Stern nach Nord bei Nordwest. Egal: Das Klima war schuld. Und ob sie nun wollten oder nicht: Auf ihren Wegen mussten sich sie alles aneignen, was sie fanden, ja, ihr gesamter Körper musste lernen, anders zu werden – heller, dunkler, weißer, roter, größer. Nirgends gab es Brillen, die Augen mussten selbst sehen, wo sie blieben. Mal aßen die Leute unterwegs rohes Fleisch, mal gebratenes (Rosmarin, Thymian!), mal tranken sie aus der hohlen Hand an den Quellen, die heute Nestle gehören, mal aus Nussschalen, wie wir sie heute im Eine-Welt Laden finden, neben dem Schmuck der Flüchtlingsfrauen. Auf ihren Wanderungen durch die Welt eigneten sie sich das an, mehr dem Trieb gehorchend als der Not, was sie vorfanden: Bast und Baumrunden und Tierfelle, wenn’s kalt wurde, Knochen, Feuersteine, Kartoffeln aus den Anden, Essstäbchen, Winnetous Federn, damit sie von Tieren nicht gleich als Fremde erkannt und umgebracht wurden. Sie lernten Feuer-machen und Schießen und effektives gegenseitiges Umbringen. Viel, viel später gierten sie nach Coca-Cola oder in der DDR nach den strammen und stoffstarken Hosen der Arbeiter, weil die mehr aushielten als normales kapitalistisches Garn.

Wenn der Rot-Chinese von heute eine Europaflugreise macht, kommt er (Hundertpro!) in Stuttgart zu allererst ins Geburtshaus von G.W.F. Hegel und nimmt mit, was er kriegen kann. Mag sein, dass dies seine späte Rache am deutschen Studenten Kretschmann ist, der zu seiner Jugendzeit mit den Sprüchen Mao Tse Dungs (Das Rote Büchle) die Grundlagen zu Macht und Reichtum legte.

Wenn die Sonne bei Capri im Meer versinkt, fällt mir Genua ein, wo die Jeans erfunden wurden, oder die Deutsch-Amerikanerin Marlene Dietrich mit der Kaserne vor dem Tor. Dann denk‘ ich gern an die Indigenen, die auch nicht immer dort wohnten, wo sie geboren wurden, und da bin mir fast sicher: Wir waren alle mal indigen, viel, viel früher, und das ist gut so. Heute sind die meisten Leute bissel meschugge (auch geklaut). Warum gilt unsere Sorge nicht endlich dem ausbleibenden Regen in weiten Teilen Afrikas gelten, den steigenden Fluten und Meeresspiegeln, den brennenden Wäldern und schmelzenden Gletschern, den menschengemachten Katastrophen? Warum nicht der Dummheit und Ignoranz, mit der der Mensch seine Welt in Trümmer legt?

Peter Grohmann ist Kabarettist und Koordinator des Bürgerprojekts Die AnStifter

Atomidioten – Grohmanns „Wettern der Woche“

Atomidioten – Grohmanns "Wettern der Woche"

Dieser Tage stand in einem Leitmedium meiner Regierung (richtig lesbar nur für Insider), dass der Russe quasi jederzeit unsere Atomkraftwerke abschalten könnte, wenn er wollte: Der meiste Füllstoff kommt aus dem Osten. Wir sind Vasallen! Emsland, Isar 2 und Neckarwestheim liegen still, wenn Putins starker Arm es will (Georg Herwegh 1863, lange vor der Zeitenwende). Ganz abgesehen davon kamen 2021 rund 55 Prozent unseres Gases, 35 Prozent unseres Öls und 50 Prozent unserer Steinkohle aus Russland, vom Ostwind ganz zu schweigen. Was tun, Markus Söder?

Friedrich Merz andererseits, der sich selbst nicht zur CDU-Oberschicht zählt, erzählte diese Tage der staunenden Öffentlichkeit, dass diese 300-Euro-Pauschale total scheiße ist (nicht wörtlich). Man hätte besser allen, die es nötig haben, 1.000 Euro zustecken sollen, so der Radikalinski – also selbst Künstler:innen, Journalist:innen, Rentner:innen, Ossis und Obdachlosen ohne Konto. Bei den Ossis fürchtet der freie Westen das Schlimmste, weil die Menschen auf der anderen Seite von Mauer und Stacheldraht schon 1989ff durch kollektives Handeln so manchen Palast zum Einsturz brachten. Sie wissen: Kollektives Handeln senkt die Risiken und erhöht die potenziellen Gewinne. Unsereins kann da nur Wackersdorf, Wyhl und Brokdorf vorweisen, die durchs Netz fielen.

Wäre da nicht Saporischschja! In der gesamten Ukraine misstraut man der Aussage von Annalena Baerbock, dass der Krieg Jahre dauern könnte, und setzt eher auf schnellen Sieg, verzichtet mit Andrij Jaroslawowytsch Melnyk auf Verhandlungen mit den Russen und kauft Jodtabletten. Diesbezüglich sieht das regierungstreue Bundesstrahlenschutzamt für Deutschland aber kaum Gefahr. Wenn das AKW hochginge (Atomkraft ist sicher drin), „im schlimmsten Fall, also nur bei einem erheblichen Austritt von Radioaktivität und einer Wetterlage, die Luftmassen von der Ukraine nach Deutschland verfrachtet“, könnten bei uns – sorry: von uns festgelegte Grenzwerte überschritten werden. Es könnte dann „gegebenenfalls“ auch eine Vermarktungssperre für kontaminierte Produkte geben. Nu, was ist das schon? Schrot und Korn.

Meine Omi Glimbzsch in Zittau weiß aus leidvoller Erfahrung: Das kapitalistische Wirtschaftssystem ist nicht vernunft-, sondern profitorientiert. Es ist gewissermaßen vom Volk gewähltes Chaos auf hohem Niveau und wäre dem Untergang geweiht, wenn es nicht als Überbau den Staat gäbe, der es als höh’res Wesen rettet.

Peter Grohmann ist Kabarettist und Koordinator von Bürgerprojekten. 

Der Aufruf „Free Julian!“ und die Teilnahme am 24-Stunden-Marathon finden weltweiten Anklang

„Die Teilnehmerzahl des Marathons „24 Stunden für Julian Assange“, der am 15. Oktober stattfinden wird, wächst schnell und breitet sich über den ganzen Globus aus.

Der von der internationalen Nachrichtenagentur Pressenza Ende Juli gestartete Aufruf wurde bereits von Hunderten von Menschen auf der ganzen Welt unterstützt, von Julians Heimat Australien bis Lateinamerika, von den großen europäischen Hauptstädten bis in den Fernen Osten…“

Der Aufruf „Free Julian!“ und die Teilnahme am 24-Stunden-Marathon finden weltweiten Anklang (pressenza.com)