Alle Beiträge von Peter Grohmann

Über Peter Grohmann

Peter Grohmann, Jahrgang 1937, Breslauer Lerge, über Dresden auf d' Alb, dann runter nach Stuttgart: Schriftsetzer und Kabarettist, Autor und AnStifter gegen Obrigkeitsstaat und Dummdünkel. Mitgründer: Vom Club Voltaire übers undogmatische Sozialistische Zentrum, vom Theaterhaus zu den AnStiftern. Motto: Unruhe ist die erste Bürgerinnenpflicht. Was ärgert Grohmann? Alle, die den Arsch nicht hochkriegen, aber dauernd meckern. Und an was erfreut er sich? An Lebensfreude und Toleranz

Auf den Spuren jüdischen Lebens

Auf den Spuren jüdischen Lebens ist ein Stadtführer der besonderen Art: Sieben reichlich bebilderte und mit Karten illustrierte Streifzüge, allesamt mehr oder weniger im Innenstadtbereich, führen zu den Zeugnissen jüdischen Lebens in Stuttgart vom Mittelalter bis in die Gegenwart.

An den jeweiligen Stationen wird erlebbar, welch vielfältigen Einfluss Jüdinnen und Juden auf ökonomischem, kulturellem und sozialem Gebiet ausgeübt und welche Verdienste sich viele von ihnen um das Wohl der Stadt erworben haben.

Sichtbar wird dabei auch, wie sich die jüdische Community im Laufe der Zeit veränderte, welche Auseinandersetzungen in der Gemeinde stattfanden und wie ausdifferenziert die gesellschaftliche Realität der Gruppe war, die die Nazis kurzerhand zu «den Juden» erklärten. Vorgestellt werden bedeutende jüdische Persönlichkeiten Stuttgarts: Joseph Süß Oppenheimer, Karoline Kaulla und ihre Dynastie, Eduard Pfeiffer, Max Horkheimer, Friedrich Wolf, Gerda Taro … Zudem befassen sich die Autoren mit ehemals jüdischen Kaufhäusern wie «der Schocken», der Stuttgarter Münze, jüdischen Friedhöfen, der heutigen jüdischen Gemeinde, dem Judenladen, dem Alten Schauspielhaus, einem Loch im Gehweg, Judenhüten an der Kirchenfront, einem Schnäppchen vom Breuninger, dem Hirschstraßen-Krawall, der Kulturmeile und der Universität, dem Ort von Deportationen, Stolpersteinen, dem Galgenbuckel, Displaced Persons und dem Schwarzmarkt, Raubkunst und Provenienzforschung, Rundfunkpionieren, Sängern und Malern, der Stuttgarter Jüdischen Kunstgemeinschaft, dem Pestpogrom und der Judengasse, der «Büchsenschmiere», dem «Lumpenwolf», Friedrich Schiller und «’n gude fette Kuggel». mehr…

Deutschland erwache!

„Wir sehen. Wir hören. Wir fühlen den kommenden Krach. Und wenn Deutschland schläft: Wir sind wach!“

behauptete Theobald Tiger alias Kurt Tucholsky in der Arbeiter-Illustrierten Zeitung 1930. Es half nichts. Deutschland hat es verschlafen, und Kurt hatte was übersehen. mehr…

Lieber Fritz Kuhn,

… natürlich freuen sich Grüne, SPD und viele von uns, wenn der Stuttgarter Airport brummt und sich in absehbarer Zeit das Fluggastaufkommen fast verdoppelt haben wird. Wer wartet schon gern auf die Bahn und dann in einem Tunnel auf die Feuerwehr? Im Grunde unseres Herzens sind wir aber alle ein wenig Greta, freuen uns über Schulschwänzer, leicht vegane Maultaschen und Sigmar Gabriel, den künftigen Aufpasser im Aufsichtsrat von Deloitte. Deloitte ist einer der weltweit größten Wirtschaftsprüfer und Lobby-Akteure. mehr…

Wettern der Woche
Dein Licht leuchte


Die gute Nachricht zuerst: Am Anfang war das Wort. Die wortmagereren Zeiten heute leben allerdings eher vom Weglassen. Bei den jüngsten Wahlnachrichten aus Finnland reicht’s auch öffentlich-rechtlich eben mal von den Sozialdemokraten über die wahren Finninnen bis zu den Konservativen – und aus die Maus. Dann kommt Sport. Linke, Grüne und andere Kleinigkeiten machen dann zwar immer noch 25-30 % aus, verschwinden aber häufig wie das Nordlicht am Polarhimmel. Das ist wenigstens ganz kurz zu sehen. mehr…

Demokratie wär‘ die Lösung

„Republik in der Krise?“ wurde der Kongress gefragt. Er tanze nicht, sondern dachte, hörte und sprach. Zwischen 130 bis 150 Dauergäste hatten sich am 13.4.2019 von 10-17 h im Stuttgarter Literaturhaus in Plenen und 5 Arbeitsgruppen getroffen. Mit von der Partie: die KONTEXT:wochenzeitung, das Hannah-Arendt-Institut für politische Gegenwartsfragen, das Theaterhaus, die Aktion Vielfalt. Beiträge und Überlegungen der ReferentInnen (Dagmar Keller/Schorndort, Robert Misik/Wien, Arno Luik/Hamburg, Heiner Busch/Bern, Jürgen Klaffke/Kaktus und Joe Bauer/Stuttgart und ein (hiermit) erwünschtes Feedback der Teilnehmenden werden ins Netz gestellt. Ein Ergebnis vorab: Demokratie wär‘ die Lösung. Übrigens – der Kongress wurde fast komplett von ehrenamtliche AkteurInnen vorbereitet und absolviert. Danke. (Peter Grohmann 1441033)

 

Leerstand mit Heimsuchung

Leerstand mit Heimsuchung

Bevor wir uns Benjamin Natanjahuhu zuwenden und ihn herzlich bitten, Putins Idee mit der weiteren Annexion des Westjordanlands wenigstens zu überschlafen, eine Bitte an die Regierenden: Baut Wohnungen! Nein, nicht persönlich, lasst das mal die anderen machen. Wenn nicht, gibt es verdammt nochmal gewaltigen Ärger und Pfefferspray in den Plenar-sälen! Eure Anhänger waren ja mit Euch am Samstag fast zu 100000auf den Straßen der Republik und haben eimerweise Sand unter die protestierende Menschheit gestreut. Baut Wohnungen, wenn ihr nicht wollt, dass die Dach- und Bettlosen auf den Uni-Campussen, den Schloss- und Alexanderplätzen ihre Zelte aufschlagen, mit ihren Schlafsäcken die Tiefgaragen der Opernhäuser (warm mit Rigoletto) und Regierungsviertel, die Landtagslobbys oder die Flure der Rathäuser heimsuchen! mehr…

Bericht vom Roma-Tag, 8. April 2018
Humanistische Ideale und republikanische Utopien jederzeit widerrufbar

8.4.2019/Raimond Stetter

Am Roma-Tag,dem 8.April 2018, fand am Mahnmal für die Opfer der NS-Herrschaft eine Gedenkveranstaltung statt, an der etwa 300 Menschen teilnahmen, darunter viele Sinti und Roma, deren Angehörige in Auschwitz ermordet wurden. Die Veranstaltung wurde von den AnStiftern (Projekte gegen Gewalt und Vergessen) und dem Theater am Olgaeck ausgerichtet. Eingeladen hatten der Lernort Geschichte, Gegen Vergessen – Für Demokratie und der Verband der Sinti und Roma. Romano Jilos Musiker umrahmten die Gedenkstunde, an der Daniel Strauß, Laura Halding-Hoppenheit, Nelly Eichhorn und Helga Merkel
mitwirkten. mehr…

Europa Čaputová?

Das ist bei uns nicht möglich: Dass unerfahrene Komiker Wahlen gewinnen oder Oligarchen ganze Parteien kaufen. Zugegeben, hin und wieder schänden wir das Grundgesetz oder pfeifen auf unsere Verfassung, aber im Grunde genommen gibt es weder Komiker noch echte Korruption. Wir machen es anders. Bei allem Jubel über den Wahlsieg, oh Zuzanna!, bürgerbewegte Freundin Europas und der Umwelt, übersieht man leicht, dass Čaputová nicht viel zu sagen hat und rund 50 % der Schlowacken zu Hause blieben. So was ist scharf zu kritisieren und bei uns allenfalls bei Europawahlen zugelassen. mehr…

Streit suchen

En aktueller Termin verspricht interessant zu werden: Am 02. April 2019 – 19.30 Uhr ist Gabriele Krone-Schmalz im Forum der BW-Bank am Kleinen Schloßplatz. Ihre Frage: Bleiben wir zusammen? Russland und Deutschland – wie ein Leben in Frieden und Selbstbestimmung möglich ist.

Ohne Russland ist ist kein Frieden zu machen, oder täuschen wir uns nur?

 

 

Messstelle Kretschmann

Messstelle Kretschmann

Aus des Waldes eigner Mitte erhält die Axt den Stiel.
Das wußte meine Omi Glimbzsch in Zittau schon, als die Braunkohle noch hoch im Kurs stand. Braunkohle – so nannten ihre Freunde in der DDR die Vertragsarbeiter aus Mozambique. Den schwarzen Kollegen wurden Teile ihres mageren Lohns vorenthalten – nach Ende der Arbeit und zurück in der Heimat, hätten sie dann neben der schönen Erinnerung an den Sozialismus eine bescheidene Rente, so das Versprechen. Heute haben sie nur die Erinnerung – also Pustekuchen und den Blick in die Röhre. Sie sehen schwarz. Keine DDR, kein Geld. Seit der Rückführung der DDR nach Deutschland wurden allein 2 Milliarden Euro an beiseite geschafften Vermögen aus DDR-Beständen entdeckt – vorwiegend auf Schweizer Konten, genau dort, wo auch der gewöhnliche deutsche Steuerbetrüger seine Millionen parkt. Banker, Berater und Superreiche, auch der Schwarze weiss es, betrügen den Staat um Milliarden. Wenn der Betrug aufliegt, greift der Ablasshandel. Strafrechtlich verfolgt werden oft (etwa beim Cum-Ex-Skandal) jene, die solchen Skandalen das Tageslicht gönnen. mehr…

Steigbügelhalter und Heuschrecken

Peter Grohmann

Meine Omi Glimbzsch in Zittau schlägt die Fusion von Deutscher Bank und Deutscher Bahn vor: Zwei Pleiteunternehmen mit dem neuen Logo „Commerz“. Ich stelle anheim. Die Unternehmen könnten dann, wenn die Firmen ihre Prozesse hinter sich haben, sie mit Steuermitteln ordentlich saniert worden sind und die Zahlen wieder stimmen, an bekannte Heuschreckler gehen. Es sind meistens nur die Zahlen, die irritieren. mehr…

Peter Grohmanns Wettern der Woche
Hosen runter!


Bei uns ist’s ja gottlob nicht wie in Nordkorea, wo immer nur ein Kim gewinnen kann. Bei uns können meistens zwei gewinnen, genauer gesagt: Entweder – oder. Also Donald oder Hillery, Andrea oder Annegret. Derart demokratische Alternativen sind zur Zeit kaum durchsetzbar und kein Trost für die Nordkoreaner. Hinzu kommt: Zwischen den Wahlen gibt hier ja noch die Zivilgesellschaft, die praktisch alles darf, was nicht wehtut. Davon erzählt eine wahre Geschichte des nach Mexiko emigrierten Autors B. Traven (u.a. Die Rebellion der Gehenkten). Bei der Inthronisation ihrer Häuptlinge verlangten deren Wähler, dass der künftige Herrscher, bevor’s zum Herrschen kam, die Hosen runterlassen und mit nacktem Hintern auf einem Schemel Platz nehmen musste. Unter dem entfachte das versammelte und vergnügte Urwald-Fußvolk sodann ein Feuerchen. Der Schemel hatte allerdings in der Mitte ein Loch. Je länger es der Häuptling auf dem Schemel aushielt, umso länger konnte er dann regieren. Das Ritual war sehr erinnerungsstark – es nannte sich „Feuer unterm Arsch“. Der Herrscher wusste: Es konnte jederzeit neu entfacht werden. mehr…

Ohne Doping nix zu machen

Ohne Doping nix zu machen

„Ohne Doping geht es nicht, Peter“, sagte mir der Skilangläufer Johannes Dürr (ein Österreicher!) im Vertrauen. Wo er recht hat, hat er recht: Sobald Montags mal keine Demo ist auf dem Schloßplatz, für was auch immer, fühl‘ ich mich wie auf Entzug. Mein Eigenblut kocht. Auch der Skilangläufer berichtet, dass er in ständiger Angst gelebt hat – und da geht’s ihm wie Dieter Zetsche, Harald Krüger, Bram Schrot, Herbert Diess oder Rupert Stadler. Klar, die Jungs wissen: beim Auto ist es wie in der Katholischen Kirche – man muss beichten, bevor man erwischt wird, und alles wird gut. Auf Franziskus oder andere Betriebsräte kann man sich ja auch nicht mehr richtig verlassen. Nehmen wir den US-Schauspieler Mark Wahlberg (2009: Goldene Himbeere: Schlechtester Hauptdarsteller in „The Happening“). Er will ein guter Mensch und seinen Kindern ein Vorbild sein und geht jeden Tag in die Kirche, sagte der dem „stern“. Es hat ihm nicht geschadet. Aber was ist mit den Kindern? Unsere frühere Umweltministerin sorgt sich: „In Deutschland protestieren jetzt Kinder für den Klimaschutz. Das ist ein wirklich wichtiges Anliegen. Aber dass plötzlich alle deutschen Kinder, nach Jahren, ohne jeden äußeren Einfluss, plötzlich auf die Idee kommen, dass man diesen Protest machen muss, das kann man sich auch nicht vorstellen“, so die heutige Kanzlerin anlässlich der Münchner Sicherheitskonferenz zu Putin und den anderen Leuten.

Also, woran liegt, das die Kinder immer heller werden? Doping durch links-grün-versiffte Medien? Eltern, die ihre Kinder nicht in die Kirche, sondern auf die Straße schicken, weil sie zuviel Fleisch essen (beide)? Aufgehetzt durch liberale Lehrerinnen? Irritiert durch Löcher in den sozialen Netzen? Opfer von RT deutsch? Das weiß allein der Herr.

Andererseits: Viele ältere Menschen haben ganz schlicht ihre liebgewonnenen Parteien vergessen, ja sogar die Demokratie! Manche halten relativ wenig vom Grundgesetz oder Europa und würden bei Konflikten mit dem Nachbarn dem am liebsten eins auf die Gusche geben“ (Originalzitat Om Glimbzsch, Zittau). Viele müssen bei den nächsten Wahlen mit Gewalt an die Urnen getrieben werden – aber wie verhindern wir, dass sie falsch wählen (also nicht uns, sondern die anderen?). Um’s mit der beliebten Kanzlerin zu sagen: „Ohne jeden äußeren Einfluss“ wird das nicht klappen. Und auf den Einmarsch der Amerikaner würd‘ ich jetzt nicht wetten!

Schraube locker

„Ja, wenn der alte Senator erzählt. Das ist der, dem das ganze Wackelsteiner Ländchen gehört und alles, was darauf steht…“, sang Rotgardist F. J. Degenhardt zu besseren Zeiten. Nein, mit dem Senator ist nicht der große Kunstmäzen Reinhold Würth gemeint, denn der kommt ja aus dem Hohenloher Ländchen. Die Schraubendreher wettern gegen den Export-Stopp für Rüstungsgüter nach Saudi-Arabien. Gerade jetzt, wo profitbringende Kriege locken, ist ein kurzes Innehalten (Israel und so) kontraproduktiv: Es geht ums Geschäft, um 1,5 Milliarden. Da dreht man schon mal am Schräubchen. Wo früher ein Anruf genügte, muss ein Senator von heute fast alle Parteien bedienen. Es ist halt alles nicht mehr, wie’s mal war, nicht mal bei Manuel Neuer, dem VfB, Angela Merkel. Alle am Boden, demoralisiert wie Kaputtgart.

Trost verspricht einzig Donald Trump – das Kalifat ist so gut wie besiegt. Doch plötzlich will uns der hinterhältige weiße Blinde 800 IS-Kämpfer aufhalsen, noch dazu unbewaffnet, letztlich unbrauchbar. Wenn wir die nicht nehmen, kaufen die Amis keine BMWs mehr bei uns und keine Schrauben beim Würth. Demnächst kommt er wo möglich noch mit der Forderung, die gute alte Mauer wieder aufzubauen – höher, breiter, tiefer und weiter ostwärtser. Und alles nur wegen der Sicherheit! Desderwegen gab’s ja gerade eben bei der Münchner Sicherheitskonferenz Probleme mit der Merkel und einen Riesenstreit um die Frage: Was ist gefühlte Sicherheit und was echte? Und tut’s die gefühlte eventuell auch? Denn die wäre deutlich billiger. Soviel ist sicher: Die Sicherheit ist schon lange nicht mehr das, was sie mal war – von der Cybersicherheit ganz zu schweigen. Nehmen wir nur mal die Luftsicherheit. Bei der geraten selbst erfahrene Lungenfachärzte ins Trudeln. Dr. Köhler, der Mann, der auf gute Luft pfeift, der Doktor mit der schwärzesten Lunge seit Helmut Schmidt, würde heute für eine Schachtel Gauloises jede Reval links liegen lassen! Ein harter Brocken, der sich mit den Kettenrauchern der Stuttgarter Zeitung messen könnte, wenn die nicht längst im journalistischen Jenseits wären, was den Dampf angeht. Sei’s drum.

In Chandler, im US-Bundesstaat Arizona, haben Bewohner dieser Tage zur Selbstsicherheit selbstfahrende Autos mit Steinen und Messern angegriffen, weil sie sich auf ihren Bürgersteigen nicht mehr sicher fühlen. In Chemnitz, Sebnitz, Pesterwitz, ja im ganzen Land geht seit dem letzten deutschen Herbst die Sächsische Sicherheitswacht auf Streife, und die beiden großen Parteien CDU und AfD wollen Sachsen bis zu den Wahlen am 1. September (passend zum Antikriegstag), noch sicherer machen, sicherer sogar als zu DDR-Zeiten.

Schiss in der Hose

Die Schulschwänzer von heute fahren nicht mehr nach Amsterdam, um eine Handvoll Hanf zu kaufen. Sie gammeln auch nicht mehr auf dem Schloßplätzen herum und lassen sich von den Täubchen aus dem Hölderlin-Gymnasium füttern. Sie hören Greta. Sie sind auf der Straße für die Bienen und Schmetterlinge, für weniger Schnee im Sommer, gegen die Waffen und ihre Lobby (selbst im Bundestag), gegen Plastik im Bioladen und sonstewo. Sie sind weiter als wir. Für die Bienen von gestern hätten die Alten von heute nie den Arsch hochgekriegt, vielleicht weil sie dachten, in der Gesellschaft von morgen braucht’s keine Bienen.

Jaja, die Greta! Sie reist mit ihrem Papa, sie kriegt das Mikro in Davos, in der Presse Greta hinten, Greta vorne. Greta wird gehört und gesehen und geliebt im Sozialen Netz. Nicht nur das. Sie überzeugt, im Gegensatz zu uns, die Jungen. Komisch. Da kann doch irgendwas nicht stimmen! Also: Wer steckt hinter Greta, fragen sich die Klimawandler. Eine geldgierige Verwandtschaft? Konzerne? Banken? Papa? Russia Today? Oder wäre es möglich, dass es nur eine gute Idee ist, Gretas Idee, die ansteckt, die überzeugt? Die ein paar hunderttausend junge Leute Regeln brechen lässt, also etwas, was weder Maoisten, Grüne oder Sozis heute schaffen?

Die Erfolglosen, die uns all die Jahre mit ihren Sorgen, Nöten und treffenden Analysen begleiten, die keinen Rasen mehr betreten, die mit ihrem Gesparten sparsam umgehen müssen, weil Toyota E und Biokost immer teurer werden, ärgern sich über Greta oder Emma, über deren „künstliche Aufwertung bzw. übertriebene Präsentation“, den Rummel um die jungen Frauen, sie vermuten Täuschung, Betrug, List und Tücke.

Wie schön wär’s, wenn man endlich uns folgt auf unseren furztrockenen Webseiten, wenn man auf unseren Spuren bliebe in den sozialen Netzen, bei unseren Kundgebungen! Wir kämpfen um jede Schlagzeile und kriegen sie nicht, um Titelseiten, Fotos, um Minuten auf allen Kanälen. Aber wehe, wenn mal jemand mit einem Thema, das auf Herz und Nieren geht, einen mittelprächtigen Durchbruch schafft! Dann heißt’s: Vorsicht vor den Botschaften! Und natürlich nie vor den eigenen. Die stimmen nämlich seit dem Spartakusaufstand.

Roll back

Wenn Sie Angst haben, dass der Krieg kommt: Gehen Sie einfach vor die Tür, vielleicht wartet er ja schon. Damals, als wir alle noch jünger waren, waren auch die konservativen Denkfabriken jünger – und viel schüchterner. Ob man sich nun vornahm, Salvador Allende zu kidnappen, Olaf Palme, Lumumba oder Dag Hammarskjöld zu erledigen: Diskretion war Ehrensache. Der weltweite Normalfall war, antikommunistische Guerilleros mit Waffen zu versorgen, ob in Afghanistan, Angola und Nicaragua. Die Kommunisten ihrerseits (auch das musst du zugeben, Sahra!) wollten die Weltrevolution, inzwischen aber nicht mehr so arg, höchstens heimlich. Andererseits ruft gerade eben US-Vizepräsident Pence die Armee zum Umsturz auf – nein, nicht gegen Trump, Dummerle, sondern in Venezuela! Früher hätten das die Staaten selbst gemacht – Ehrensache, notfalls mit dem CIA, einer der Umweltorganisationen der USA. Ich weiss, immer dieses „früher früher früher!“ Sollen wir etwa wieder eine Menschenkette organisieren wie früher, von Ulm nach Stuttgart, bloß weil Polen auf die Stationierung amerikanischer Atomraketen pocht oder nur weil der Iran noch längere präsentiert? Mensch Mullah, Israel ist sowieso schneller!

Die Bundesregierung geht in Sachen Demokratie übrigens jetzt ja mit gutem Beispiel voran. Sie fordert „Freie Wahlen“, etwa wie in Rußland oder den USA. Zunächst nur probehalber in Venezuela, später soll dann Saudi Arabien folgen. Wer nicht mitzieht, kriegt keine Waffen mehr von uns. Sobald sich die Lage beruhigt, sollen Somalia, China, die Türkei und Ägypten folgen. Insgesamt, so die Kanzlerin im Stillen, leben derzeit 3,3 Milliarden Menschen in einer Autokratie, Daimler nicht mitgezählt.. Das kann, wird und darf Deutschland nicht länger hinnehmen. Der eine oder andere im Lande war bekanntlich früher eher ein 150prozentiger – also volle Pulle Demokratie, ohne jeden Abstrich. Klar, das kann auf die Dauer nicht gutgehen, und die meisten haben sich von solchen Utopien längst gelöst. Heute reichen vielen schon 50 % rechts von der Mitte, wenn morgen wirklich mal wieder Wahlen wären.

Die gute Nachricht zum Schluss: Heil SPD! Uns Geringverdienern will die Partei die Renten um bis zu 447 Euro aufstocken, aber eben nur, wenn sie die Wahl gewinnt. Sollen wir’s versuchen? Allerdings – Gerhard Schröder ist gegen Nahles, und Scholz sagt, er kann sich’s auch gut vorstellen.

Aber Vorsicht – Seehofer sagte eben, er will Lügner hart bestrafen.

Das Stickoxid-Lügenpack

Das Stickoxid-Lügenpack

Ich sitz‘ genüsslich beim meinem Lungenfacharzt Dr. Köhler, dem die Chaoten die Zulassung wegnehmen wollen, huste ihm was und spucke etwas Blut und Eiter, als ich mich plötzlich bei der Lektüre meiner Heimatpostille völlig übergeben muss. Echt jetzt!

Dass die Stuttgarter Zeitung den Tunichtgut Ioannis Sakkaros hochjazzt, fällt unter Dummheit und Pressefreiheit und zeigt den Fortschritt der „Trumpisierung“ der Gesellschaft. Sakkaros nämlich, der 26 Jahre alte Grieche, der bei Porsche arbeitet, outet sich als ordinärer Nichtwähler: Ja genau, solche Demokraten braucht das Land! Sakkaros also will mit der Autoindustrie, Herrn Scheuer, meinem Pneumologen und dem Stuttgarter Blättle der Wissenschaft das Fürchten lehren: Er organisiert die hiesigen Demos gegen Fahrverbote, allwöchentlich. Warum? Weil er, wie viele andere, auf die fake news von Dr. Köhler und Kollegen reingefallen ist. Der Doktor verfasste 2019 zusammen mit dem lange in der Autobranche tätigen Ingenieur Thomas Koch ein zweiseitiges (!) Positionspapier über Stickoxide. Dort bestritt er schlicht nahezu alle Forschungen zur Gesundheitsgefährdung durch Stickoxide. Das kam quer durch die Republik den „führenden Medien“ wie gerufen: Sie haben, alle journalistischen Pflichten weit hinter sich lassend, die Lachnummer von Köhler und seinen 100 Mitzeichnern begierig verbreitet – ungeprüft und dankbar. Das kommt doch immer gut, ob bei Bild, den Porsche-Kollegen, der StZ: Kein einziger Toter durch Feinstaub nachgewiesen. Die Medien überschütteten die Wissenschaft mit Hohn und Spott – alles Lüge!

Meine Omi Glimbzsch würde jetzt zu recht fragen: Aber warum zieht eigentlich niemand von den Betrogenen vor der Türe der Betrüger? Wer sonst, außer der Bundesregierung, den Eliteparteien, dem TÜV, Herrn Scheuer, dem Kraftfahrtbundesamt, der Autolobby und den vielen Ungenannten gehörte denn sonst an den Pranger? Na gut, vielleicht noch die Wissenschaften und die netten Kollegen von der Stuttgarter Zeitung?

Der Lungenfacharzt Kai-Michael Beeh sagt, dass die „Trumpisierung“ unserer Gesellschaft und einzelner Medien bereits weit fortgeschritten ist – nur so erklärt sich der mediale Erfolg der Korona Köhler (zwei Seiten Behauptungen, kein einziger Beleg, Spiegel online, 25.1.2019). Mit Beeh nimmt auch Dr. Barbara Hoffmann, Epidemiologin an der Uni Düsseldorf, den Kampf gegen die Fake-news-Verbreiter auf. Aber ihr Contra gegen Köhler & Co. fiel unter die Redaktionstische. Dort liegt’s heute noch.

Eiter-Euter und Mondfinsternis

Eiter Euter und Mondfinsternis

Gestern Nacht hab‘ ich geträumt, in Davos sei eine Lawine ungeheuren Ausmaßes runtergegangen und hätte alles mitgerissen, aber Trump fehlte. Gewaltfantasien gegen das Weltwirtschaftsforum, das mit seinen „Bonzen im Schnee“ vom 22. bis 25. Januar 2019 alpin tagt. Beim Aufwachen habe ich den Traum sofort korrigiert: Keine Toten! Nicht mal Verletzte! Aber eben ein Schock. Die Jungs und Mädels wollen deshalb nachdenken, wo sie Scheiße gebaut haben, träumte ich.

Kein Traum ist der neue Horrorbericht über den Zustand der Erde: Ein Bild aus der Hölle, verheerend wie bei Hieronymus Bosch! Aber welche Gefahren bedrohen die Hautevolee am ärgsten? Wo kommt sie ins Schwimmen? Hunderte der bedeutendsten Manager und Ökonomen meinten (nein, nicht die AFD): Der Klimawandel ist an allem schuld. Kontext hatte recht. Die Wahrscheinlichkeit von Wetterkatastrophen, Wirbelstürmen, Überschwemmungen oder Dürren wächst und wächst und wächst und die Welt pennt, pennt und pennt. Die größte Gefahr ist immer die Dummheit, sagte meine Omi Glimbzsch aus Zittau. Wenn dann noch der Einfluss der Konzerne auf Parteien, Politik, Regierungen dazukommt, ist Matthäi am Letzten. Na klar, das wissen wir doch: Der Verlust der Artenvielfalt etwa geht Monsanto am Arsch vorbei. Doch um das Maß voll zu machen: Die in Davos warnen vor Cyberangriffen, Kriegsgefahren, Geldverlusten, Bankenkrisen, Ungerechtigkeiten. Das sieht dann aus wie der Blutmond über Köpenick und entspricht den gebündelten Parteiprogrammen einer GroKo aus Grünen, Linken und SPD (genehmigt von der FDP). Gelbe Westen, rote Socken, dreimal schwarzer Kater. Es kommt halt mal wieder alles auf einmal.

In Berlin naschen sich unterdessen Gutesser durch die Grüne Woche. Am Wochenende versammelten sich allerdings in der Hauptstadt und bei Boris Palmer die Andersesser auf den Gassen. „Wir haben es satt“, sangen sie. Andere nicht, das ist das Problem. Schon Lenin fragte seine Krupskaja wieder und wieder: Was tun? Besser werden. Wir wünschen den Protestantinnen aufmerksamere Passantinnen. Kritische Menschen, denen das Smartphone nicht am Haar klebt. Gute Ideen, Besetzungen von Bahnhöfen und Börsen, Banken dann im Frühling). Mehr Radikalität. Ein Umschwenken im Alltag, beim eigenen Leben. Freundlichkeit gegenüber den Andersdenkenden. Geduld beim Argumentieren. Lust beim Streiten. Weniger Wirtschaftswachstum. Nehmt die Hunde an die Leine. Und passt auf Eure Felder auf.

Kantholz mit Rosa

Natürlich wussten alle sofort, auch die Taz, dass sich das nicht gehört, nicht mit Kantholz. Kantholz ist nicht links. Doch dann waren alle Linken glücklich, dass das Kantholz ein falscher Link von rechts war. Unglaublich viele Menschen sind ja, wie Politiker gern sagen, „der festen Überzeugung“ von irgendwas. Etwa, dass unsereins bereits als Guter geboren wurde, als Mensch unter Menschen, und dass das Kantholz immer nur eine Option von rechts war, ein Geburtsfehler. Falsch. Der Mensch ist zu allem fähig. Jeder. Das ist traurig, aber wahr. Und es ändert auch nichts an der Tatsache, dass zum Kantholz meist die Rechte greift.

Reden wir von Rosa Luxemburg, die am 15. Januar 1919 ermordet wurde. Viele ihrer Schriften waren häufig verboten, in der DDR durch Papiermangel, Stalinisten und Bürokraten, unter den Nazis sowieso, und kaum zu haben im freien Westen, das war sie nicht, die Ausnahme vom Artikel 5. Nehmen wir Brecht: Unerwünscht nicht nur in Augsburg. „Freiheit ist immer die Freiheit des anders Denkenden“, erklärte Rosa den Roten. Viele Menschen von heute können natürlich nicht wissen, wer Rosa und wer Karl ist – woher auch? – und dass es guter Brauch sein sollte, andere Meinungen anzuhören, das Ja und das Nein zuzulassen, sich damit auseinanderzusetzen und sich so eine eigene Meinung zu bilden. Ein Volk, ein Reich, ein Führer und seine Meinung ist eben vor allem Forderung und Praxis der alten und neuen Nazis, aber eben nicht nur. Deshalb schmerzt ja heute so der Blick der Linken zurück – auf die tatsächliche Verfassung der Staaten des sogenannten Sozialismus, auf Menschenrechte – und der Blick heute auf Ortega, auf Mittel- und Lateinamerika etwa. Andererseits gibt’s es immer noch etliche, die zwar von Rosa und Karl gehört haben, aber nichts vom Gulag wissen wollen.

Es ist oft verdammt schwer, eine andere Meinung anzuhören oder auszuhalten. Muss man ja nicht. Man kann widersprechen, argumentieren, Fakten liefern, sich informieren, auch wenn’s schwerfällt, die eigene Meinung verteidigen, nachdenken. Meinungsbildung braucht Meinungsfreiheit, Pressefreiheit, Versammlungsfreiheit und einen eigenen Kopf, der weiß: Manchmal haben auch die anderen recht.

Denunzianten, Spekulanten, Hollerith juchhe

Denunzianten, Spekulanten, Hollerith juchhe

Der türkische Geheimdienst Millî İstihbarat Teşkilâtı hat mit Unterstützung kalifornischer Umweltschützer eine App entwickelt, mit der man in der Türkei, aber auch von hier aus endlich Freunde, Nachbarn oder Kollegen (direkt vom Sofa aus!) denunzieren kann. Doch der MIT hinkt seiner Zeit hinterher: Bei uns wußte die Obrigkeit schon lange vor 1933 durch die Hollerith-Karten (Hermann Hollerith, deutscher Erfinder aus der Pfalz, ausgewandert wegen politischer Repression), wo der Jude und wo der Kommunist wohnt und wer durch sein Handicap ein unnützer Esser war. Die Aussortierten konnten dann 8 – 10 Jahre später am hellen Tag zu Hause abgeholt werden, dank der Wahlerfolge der Rechtsfront. Die türkische App kann man heute noch kaufen. Und wenn wir schon beim Thema sind: In Göttingen beschlagnahme die Polizei kistenweises Beweismaterial, etwa ein Handy und einen Laptop und „Die Känguru-Chroniken“, um zu belegen, dass der Student der vergleichenden Literaturwissenschaften an den Hamburger G-20-Krawallen beteiligt war. War er aber nicht, im Gegensatz zu einem andere V-Mann, der Randale im Hamburg machte. Unser Mann war hingegen zur fraglichen Zeit in Japan, stellte man jetzt fest. Sorry, dem Mann ist doch nichts passiert. Außer, dass er jetzt beim Neurologen ist, Trauma und so.