Teichwiesenschule Korntal
Heimat ist…

…ein Ort, wo ich mich wohl fühle.
…dort, wo meine Familie ist, meine Freunde sind
…dort, wo man nicht einsam und alleine ist.

„Heimat ist…?“ Frau Dr. Gritschke, Museumspädagogin im Haus der Geschichte forderte die Schülerinnen und Schüler der Klasse 9 mit diesen zwei Wörtern auf, sich auf die Ausstellung „Ihr und Wir“, Integration der Heimatvertriebenen in Baden Württemberg, einzulassen.

Wie ist das, wenn ein Fremder kommt und du musst das Zimmer mit ihm teilen?

Es folgte nun keine übliche Führung durch eine Ausstellung, bei der eine Person spricht und die Zuhörerschaft mehr oder minder konzentriert zu folgen versucht, sondern die Jugendlichen erarbeiteten in Zweiergruppen das Thema selbst. Frau Dr. Gritschke ließ Puzzleteile aus einem Kuvert ziehen. Jedes Puzzleteil enthielt eine Nummer, die auf eine Ausstellungsvitrine wies und einen Teil eines Ausstellungsgegenstandes zeigte. Die Neuntklässler sollten Experten für diesen Ausstellungsgegenstand werden. Mit welchem Menschen hat dieser Gegenstand zu tun? Welche Geschichte erzählt er?

„Filip und ich zogen die Vitrine 1. Auf einem gezeichneten Bild waren viele Leute zu sehen, die in einem Zimmer untergebracht waren. Vertriebene .“ „Der Schaukasten enthielt auch ein anonymes Schreiben, in dem einer die Vertriebenen verpetzte. Es muss grauenhaft gewesen sein, bei Leuten zu leben, die einen nicht mögen,“ fügte Stephan an.

In einer anderen Vitrine lag der Handball von „Kempa“. „Kempa“? Jeder Handballer aus der Klasse kennt den sog. „Kempa-Trick“, der für einen bestimmten Spielzug in dieser Sportart steht. Bernhard Kempa holte mit „Frisch Auf Göppingen“ 1960 in Paris den Europapokal im Handball. Unsere Handballexperten demonstrierten den Trick sogleich vor der Vitrine und erklärten, man sollte ihn im Spiel nur dann anwenden, wenn die Mannschaft führt. Kempa wurde übrigens nach dem Zweiten Weltkrieg aus Schlesien vertrieben und war dann ein gefeierter Göppinger.

Vom Ausstellungsbereich im Kellerraum, der die Vertreibung der Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg zeigte, begaben wir uns in einen dunklen Raum im zweiten Stock.

Hier standen große hell beleuchtete Koffer, darin jeweils ein Photo von einem Menschen, der ein- oder ausgewandert war, ein Erinnerungsgegenstand und ein Bildschirm, der auf Knopfdruck informierte

„Luisa und ich zogen die Nummer des Koffers von Hans Fröhlich, geboren 1922 in Rottweil. Er sang im katholischen Kirchenchor und beteiligte sich an der Fastnacht. Weil der Turnlehrer ihn wegen seiner jüdischen Abstammung gezielt schikanierte, seine Familie diskriminiert wurde und sein Vater gewaltsam starb, konnte sich Harry, wie Hans sich jetzt nannte, 1940 gerade noch nach Amerika absetzen. Sein körperbehinderter Bruder blieb zurück und wurde 1940 in Grafeneck ermordet.“

Aus den dunklen Wänden auf der einen Seite des Raumes treten helle fremdländische Namen hervor, auf der anderen Seite verschwinden helle fremdländische Namen in der Wand. Sie alle stehen für Menschen, die entweder nach Deutschland gekommen oder von dort weggegangen sind. Plötzlich ruft Buruk: „Da steht ja der Name meines eritreischen Lehrers! Ich besuche einmal in der Woche seinen Unterricht.“

Die Ausstellung „Ihr und wir“ im Haus der Geschichte ist noch bis zum 22. August 2010 geöffnet.

Text und Bider mit freundlicher Genehmigung von Dagmar Müller-Buchalik von der Teichwiesenschule Korntal

Über Peter Grohmann

Peter Grohmann, Jahrgang 1937, Breslauer Lerge, über Dresden auf d' Alb, dann runter nach Stuttgart: Schriftsetzer und Kabarettist, Autor und AnStifter gegen Obrigkeitsstaat und Dummdünkel. Mitgründer: Vom Club Voltaire übers undogmatische Sozialistische Zentrum, vom Theaterhaus zu den AnStiftern. Motto: Unruhe ist die erste Bürgerinnenpflicht. Was ärgert Grohmann? Alle, die den Arsch nicht hochkriegen, aber dauernd meckern. Und an was erfreut er sich? An Lebensfreude und Toleranz