Wen heilt Hitler?

In Rosenheim sollen zwei Rosenheim-Cops und ein Ziviler den Hitlergruß gezeigt haben, in Chemnitz nimmt man dazu eher den nackten Arsch. Alle reden – statt vom Wetter – vom Versagen des Rechtsstaats, vom Versagen der Polizei, der Parteien (außer jener mit dem großen und breiten A.), vom Versagen der Regierung, der Demokratie. Niemand redet von unserem Versagen, meinem, deinem, also dem Versagen der Antifa. Oder gehören wir womöglich gar nicht mehr dazu? Die werden ja auch immer elitärer und pfeifen eher auf Leute wie mich und meine Omi Glimbzsch aus Zittau. Unter sich bleiben ist eine beliebte Übung der Linken, die viel, viel mehr als die Partei ist.

Von Rechtswegen müssten zur Antifa die gemeinen Schulen gehören, auch die höheren, bis hin zu den Akademien und Universitäten, Museen, Theatern – letztlich alles, was mit Wissenschaft und Kunst zu tun hat, mit Persien und Rom und Griechenland und Ägypten und so. Vielleicht sogar die ganze Kultur mit allen Bildungseinrichtungen! Bekanntlich gibt es ja bildungsferne Schichten, die man da auch dringend heranholen sollte, mitnehmen!

Was aber, wenn der Bildungsbürger von Haus aus bildungsresistent ist? Möglich, dass er sich wie seine Weimarer Vorgänger einbildet, dass der nackte Arsch nur ein Scherz war, die Hetzjagden auf die Anderen nur Folge falscher Steuerungen beim Testosteron in der Pubertät – und dass dies alles, vom Antisemitismus über den Rassismus bis zur Gewalt gegen Schwächere – spätestens bei den nächsten Wahlen wieder weggeht (außer, es kommt zu Koalitionen).

Möglich, das es Lösungen gibt. Vielleicht sollten die Bildungsbürger in reality auf die Straße? Klar, unangemeldet! Vielleicht, bevor die anderen Bildungsbürger (angemeldet) eure Bücher verbrennen oder zur Reise nach Jerusalem einladen? Vielleicht Polizei schulen (nicht besser, sondern überhaupt), damit die weiss, was mit „tiefer Staat“ gemeint ist und wie man mit deutscher Geschichte, Pressefreiheit, Demos und Antifa umgeht?

Und vor allem, die gesamte Antifa (siehe oben) schulen mit solch schweren Fragen wie dieser: Haben wir je was falsch gemacht, früher, gestern, heute? Und wenn nein: Warum mögen uns denn die Leute nicht?

Du musst nicht lieb Kind sein für die da, ganz im Gegenteil. Aber für Vielfalt und Menschenfreundlichkeit: human und also klüger, origineller, authentischer, ehrlicher, aktiver. Sonst klauen die dir noch die Demokratie unterm Arsch weg.

Über Peter Grohmann

Peter Grohmann, Jahrgang 1937, Breslauer Lerge, über Dresden auf d' Alb, dann runter nach Stuttgart: Schriftsetzer und Kabarettist, Autor und AnStifter gegen Obrigkeitsstaat und Dummdünkel. Mitgründer: Vom Club Voltaire übers undogmatische Sozialistische Zentrum, vom Theaterhaus zu den AnStiftern. Motto: Unruhe ist die erste Bürgerinnenpflicht. Was ärgert Grohmann? Alle, die den Arsch nicht hochkriegen, aber dauernd meckern. Und an was erfreut er sich? An Lebensfreude und Toleranz