Bürgerschaftliche Konferenz NSU im Staat
Ruf an Staat und Bürgerschaft

Ruf an Staat und Bürgerschaft der Teilnehmenden der bürgerschaftlichen Konferenz NSU im Staat (layoutete Version) am 8.11.2014 in Stuttgart:

Die Neonazis der Terrorgruppe “Nationalsozialistischer Untergrund” (NSU) sind nur die Spitze des Eisbergs. Rechtsextremes Denken und Handeln war und ist tief im Staat und in der Mitte unserer Gesellschaft verankert. Uns allen fehlte es über Jahre an der notwendigen Empathie, um den rassistischen Hintergrund bei den Taten des NSU wahrzunehmen. Wir können alle Opfer unserer eigenen Vorurteile werden.

Die Untersuchungsausschüsse des Bundestages und einiger Landtage haben die Vorurteile in Polizei, Justiz und Geheimdiensten und deren Untätigkeit gegen Rechts bis hin zu deren Unterstützung offen gelegt. Dennoch reagieren Parlamente und Regierungen auch drei Jahre nach der Entdeckung des NSU darauf kaum oder unangemessen.

Der uns in politischen Sonntagsreden abverlangte Widerstand gegen Intoleranz und Menschenfeindlichkeit wird durch staatliche Sanktionen behindert. Einzelne und Gruppen, die sich Neonazis entgegenstellen, werden kriminalisiert. Das Grundgesetz wurde und wird also missachtet. Der Gleichheits- und der Antidiskiminierungsgrundsatz, als auch das Grundrecht der Versammlungsfreiheit sind bedroht.

Deshalb nehmen wir, als Teil der Zivilgesellschaft, unsere Verantwortung für den Schutz der Verfassung wahr und fordern:

Stärkung der Zivilgesellschaft

  • Stärkung zivilgesellschaftlich engagierter Bürgerinnen und Bürger und Initiativen gegen Rechtsextremismus und allen Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit
  • Einrichtung unabhängiger und flächendeckender Beratungs- und Anlaufstellen für Opfer rechter Gewalt
  • Fundierte Aufklärung über die Gefahren von Rechtsextremismus für alle Altersgruppen und in allen gesellschaftlichen Bereichen
  • Aufklärung über Rechtsextremismus an Schulen ausschließlich von Lehrkräften oder ausgewiesenen Fachleuten der Zivilgesellschaft und nicht vom Verfassungsschutz
  • Integration der Themen Rechtsextremismus und Rassismus sowie der Umgang mit ihnen in der pädagogischen Ausbildung

Aufklärung im Bund und in Baden-Württemberg

  • Einrichtung einer außerparlamentarischen Untersuchungskommission mit Ermittlungsbefugnissen auf Bundesebene nach britischem Vorbild
  • Erstellung einer aktuellen Studie über Rechtsextremismus sowie über rechtsextreme Einstellungen und Tendenzen bei den Sicherheitsbehörden
  • Untersuchung der neonazistischen Netzwerke sowie der braunen Traditionen und Haltungen in allen staatlichen- und Sicherheitsbehörden
  • Zivilgesellschaftliche Begleitung des NSU-Untersuchungsausschusses in Baden-Württemberg nach dem Vorbild von NSU-Watch mit freiem Zugang zu allen Informationen und Akten für die Herstellung von echter Transparenz
  • Thematisierung der Blockade von Seiten des Innen- und Justizministeriums bei den bisherigen Versuchen der Aufklärung durch den NSU-Untersuchungsausschuss in Baden-Württemberg

Kontrolle von Sicherheitsbehörden und Geheimdiensten

  • Abschaffung des Verfassungsschutzes und aller V-Leute, auch der von der Polizei und anderer Sicherheitsbehörden geführten
  • Gesetzlicher Schutz von Whistleblowern – insbesondere aus den Reihen der Sicherheitsbehörden
  • Ungehindertes Demonstrationsrecht gegen Naziaufmärsche
  • Kennzeichnungspflicht aller Polizistinnen und Polizisten

Über Fritz Mielert

Fritz Mielert, Jahrgang 1979, arbeitete von 2013 bis 2017 als Geschäftsführer beim Bürgerprojekt Die AnStifter in Stuttgart. Davor betreute er ab 2011 bei Campact politische Kampagnen im Spektrum zwischen Energiewende und Vorratsdatenspeicherung, engagierte sich in der AG Antragsbearbeitung der Bewegungsstiftung, baute ab 2010 maßgeblich die Parkschützer als eine der wichtigsten Gruppierung im Protest gegen Stuttgart 21 auf und war ab 1996 mehrere Jahre ehrenamtlich bei Greenpeace aktiv.

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