NSU-Untersuchungsausschuss über NSS, Florian H. und Arthur C.

Der NSU-Untersuchungsausschuss behandelte in seiner heutigen Sitzung zwei Themen. Zunächst wurden im Fall Florian H. weitere Zeugen gehört, später wurde der Fall Arthur C. abgehandelt.

Florian H. hatte gegenüber seiner Familie bereits vor der Selbstenttarnung des Nationalsozialistischen Untergrunds von einem NSU und einer Neoschutzstaffel (NSS) gesprochen. Zum NSU-Prozess in München sagte er sinngemäß: „Solange dort nicht Matze, Alex, Nelly und Frntic sitzen, ist der Prozess eine Farce.“

„Matze“, Matthias K., wurde aufgrund von Aussagen vor dem Untersuchungsausschuss nun ermittelt und musste aussagen.

Die groben Zusammenfassungen kann man der Tagespresse entnehmen:

Was dort nicht steht: Matthias K. gab zu, NSS-Mitglied geworden zu sein, indem er einen Zettel auf einer Nazi-Demo in Dresden im Februar 2011 unterschrieben habe. Obwohl es die NSS angeblich bundesweit gebe, habe er keine anderen Mitgliedern gekannt. Trotzdem habe er einige Monate später selbst ein Blatt entworfen und Florian H. für die NSS geworben. Er könne sich auch nicht mehr erinnern, mit welchen zwei anderen Bekannten er aus Heilbronn nach Dresden gefahren ist. Dafür konnte er einen rechtsradikalen Hobby-Tätowierer aus Ilsfeld identifizieren, der ihm ein Hakenkreuz tätowierte, das er mittlerweile übertätowieren ließ.

Ein weiterer Zeuge Heiko W., den Florian H. aus der rechtsextremen Szene kennt und nach seinem Ausstieg wieder getroffen hat, gab zu, ein Jahr lang NPD-Mitglied gewesen zu sein, nun aber auch ausgestiegen sei.

Da sich alle Zeugen als Mitläufer bezeichneten, fragten die Abgeordneten nach den Anführern der Gruppe, die sich regelmäßig an der „Harmonie“ in Heilbronn trifft. Dazu konnten oder wollten die Zeugen nichts sagen. Klar ist jedoch, dass es eben doch eine überregionale rechtsextreme Szene gibt, die z.B. auf Nazi-Demos nach Dresden fährt und auch mit Strukturen wie der NPD verknüpft ist.

Der Fall Arthur C. war bisher noch nicht sehr präsent im Zusammenhang mit dem NSU. Arthur C. verbrannte in seinem Auto auf einem Waldparkplatz zwischen Weinsberg und Neuenstadt/Kocher im Januar 2009. Die Ermittlungen der Polizei führten zu keinem eindeutigen Ergebnis, ob es sich um eine Selbsttötung oder einen Mord handelt. Vor dem Untersuchungsausschuss tendierte der Kriminalpolizist jedoch eher zu Suizid. Nicht thematisiert wurde, dass der Name Arthur C. auch in den Ermittlungsakten zum Mord an Michele Kiesewetter auftaucht.

Auffällig war, dass bei Arthur C. zunächst in alle Richtungen ermittelt wurde. Die Anfragen der Ermittler eine Funkzellenüberprüfung durchzuführen, wurde von der Staatsanwaltschaft genehmigt. Das ausgebrannte Auto wurde wochenlang auf der Polizeidienststelle belassen und untersucht. Dass die Ermittlungen bei Florian H. nicht so gründlich abliefen und die Staatsanwaltschaft nicht so kooperativ war, erscheint vor diesem Hintergrund noch skandalöser. Immerhin lag bei Florian H. der Verdacht einer Fremdeinwirkung näher.

Die Auswertung des gefundenen Handys von Florian H. ist nun die letzte Möglichkeit noch weitere Erkenntnisse über seinen Tod zu erfahren.

Man könnte nun die Fälle abschließen und weiterhin die These vom jugendlichen Leichtsinn und der alkoholinduzierten rechtsextremen Gesinnung vertreten. Aber es gibt noch viele offene Fragen: Wie war der Zusammenhang zur „Standarte Württemberg“, einer rechtsextremistischen Organisation aus dem Raum Backnang, zu der im Juli 2011 eine Razzia durchgeführt wurde? Wie ist bei diesen Verfahren überhaupt der Stand der Dinge?

Was sagen die Nazis, die nachweislich im näheren Umfeld von Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt waren und nun in Baden-Württemberg leben? Was ist mit den Personen von der „Garagenliste“ des Terror-Trios aus dem Raum Ludwigsburg?

Die Abgeordneten haben noch einiges zu tun. Es geht weiter am nächsten Montag, 27.4., 9.30 Uhr (Tagesordnung).

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