Frieden schaffen ohne Waffen – war da was?

Liebe Leut,

heute vor 75 Jahren begann Deutschland den Zweiten Weltkrieg. Seit Jahrzehnten finden deshalb hierzulande am 1. September Aktionen zum Weltfriedenstag statt. In diesem Jahr kommt die wichtigste Aktion aus dem Bundestag selbst: Eine Debatte über deutsche Waffenlieferungen an die Kurden im Nordirak. Toll was? Soweit sind wir schon gekommen.
Frieden schaffen ohne Waffen. So griffig dieser Spruch vom friedensbewegten und leider viel zu früh verstorbenen Ulli Thiel war und immer noch ist: Unsere Politik ist mittlerweile auf ganz anderen Wegen.
Und dabei ist die heutige Parlamentsdebatte selbst eine Farce. Denn unsere liebe Regierung hat nicht nur schon schon sechs Bundeswehrsoldaten nach Erbil geschickt, um die Waffenlieferungen zu koordinieren, sie hat sie auch gestern schon endgültig abgesegnet. (Eine Segnung der Waffen hätte gerade noch gefehlt…). Ausrüstung für insgesamt 8.000 Soldaten.
Der Bundestag soll quasi symbolisch abstimmen. Vielleicht auch symbolisch debattieren.
„Ich werde dazu eine Regierungserklärung halten, und der Bundestag kann sich dann informieren und debattieren“, erklärte Merkel ihren Affront.
Eine Parlamentsdebatte als Bestätigung von Regierungshandeln.
Ohne Entscheidungskompetenz.
Nur ein Schein von Demokratie wird gewahrt.
Und das beim Bruch eines wichtigen Grundsatzes deutscher Politik: Keine Waffenlieferungen in Krisengebiete.
Egal. Weg damit. Wer braucht schon Grundsätze? Lieber noch mehr Waffen in ein Gebiet, das nur so von Waffen strotzt. In ein Gebiet, das nicht zuletzt durch Interventionen des Westens extrem destabilisiert wurde.
Keine Rede davon, Druck auf die Unterstützer des Islamischen Staats auszuüben. Auf Katar und Saudi-Arabien. Nein. Das würde ja wehtun. Nicht den Menschen. Nein, unserer Rüstungsindustrie. Unserer Ölindustrie. Unserer Bauindustrie.
Keine Rede davon, über den UN-Sicherheitsrat aktiv zu werden. Die gesamten Vereinten Nationen spielen in den Überlegungen keine Rolle mehr.
Legitimität gewinnen die Aktionen dadurch nicht. Im Gegenteil: Sie werden willkürlicher, reißen immer mehr Gräben auf. Nicht nur im Nahen Osten. Auch in Osteuropa. Für das Großbritannien jetzt eine 10.000 Mann starke Eingreiftruppe aufbauen will. Klingt wie der Versuch, das Wettrüsten wieder einmal zu verstärken.
Als hätten wir aus der Geschichte nichts gelernt…

Wütende Grüße

Fritz Mielert & Peter Grohmann

PS: Wir sind jetzt beide wieder im Lande und zu neuen Schandtaten bereit
PPS: Unsere August-Exkursion zur Kunstausstellung war etwas überlaufen. Deshalb gibt’s nicht nur den 27.9., sondern auch einen Zusatztermin am 28.9.
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Über Fritz Mielert

Fritz Mielert, Jahrgang 1979, arbeitete von 2013 bis 2017 als Geschäftsführer beim Bürgerprojekt Die AnStifter in Stuttgart. Davor betreute er ab 2011 bei Campact politische Kampagnen im Spektrum zwischen Energiewende und Vorratsdatenspeicherung, engagierte sich in der AG Antragsbearbeitung der Bewegungsstiftung, baute ab 2010 maßgeblich die Parkschützer als eine der wichtigsten Gruppierung im Protest gegen Stuttgart 21 auf und war ab 1996 mehrere Jahre ehrenamtlich bei Greenpeace aktiv.